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Anrüchiges und Allzumenschliches : Einblicke in das Kapital Pfui / Paul Englisch
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fertigt, wenn es sich um Diners, Festessen, kurz, umjene Sorte von Schlemmereien handelt, die Unterhaltung,Stimmungserhöhung, persönliche Annäherung, Reize derGourmandise usw. bezwecken. Wobei Voraussetzung ist,daß nur Menschen mit gleichen Tafelsitten dabei ver-einigt werden. Sonst aber! Man lege einmal bitte die allesverwischende Brille der Gewohnheit ab, beobachte prü-fend und objektiv hungrige Schweine am Trebertrogeund gleich darauf speisende Menschen an einer Tabled'höte, im Speisewagen oder gar im Theater währendder großen Pause! Einen Unterschied wird man gemein-hin nur darin finden, daß die feinfühligeren Schweinesich bei der unappetitlichen Verrichtung nicht auch nochanschauen und mit vollen Rüsseln einander Witze zu-grunzen."

Die von der Kultur noch nicht allzu sehr Beleckten sindin dieser Hinsicht wohl bessere Menschen. Bei den Orien-talen ist der Vornehmste, der allein speist. Der türkischeSultan hatte bei seinem Mahle keinen Zeugen. Gab SultanAbdul Hamid Il.europäischen Fürstlichkeiten oder Diplo-maten ein Festessen, so nahm er wohl an der TafelPlatz, berührte aber selbst keine Speise in Gegenwartder Fremden.

Von den brasilianischen Bororo berichtet der bekannteForschungsreisende Karl von den Steinen eine bezeich-nende Anekdote 4 :

Am Abend bot mir Tumayaua draußen auf dem Platz,wo wir Männer plaudernd bei dem Mandickagestell stan-den, ein Stück Fisch an, das ich hocherfreut sofort ver-speisen wollte. Alle senkten die Häupter, blickten mit

* Unter den Naturvölkern Zentralbrasiliens. Reiseschilderung undErgebnisse der zweiten Schinguexpedition 18871888, Berlin 1896, S. 6667.

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