Diefelben charakteriftifchen Züge, die feinen fchriftlichen Redner undDarlegungen eigen waren, kamen auch in feinen aka= Lenrerdemifchen Vorträgen und in feinen Reden zum Ausdruck.Deshalb waren diefe auch für diejenigen unter feinen Zu=hörern, die es vermochten, im Stenogramm oder durchfonflige Aufzeichnungen das flüchtig gefprochene Wort feft=zuhalten, von höchftem Wert. Und doch war Helfferichdamals, wenigftens nach der Art feines Vortrages, nichtdas, was man einen glänzenden Redner und Lehrer nennt.Denn die Gedanken floffen ihm bei feiner fouveränen ße=herrfchung des Stoffs fo fchnell zu, daß er meift zu haftigfprach. So konnte ihm feine Zuhörerfchaft nicht immerfolgen, befonders dann nicht, wenn es fich um die Er=örterung fchwieriger Fragen handelte. Dazu kam, daß ervon dem pädagogifchen Hilfsmittel, fchwerer verftändlicheGedanken durch ihre Wiederholung in anderer Form zuverdeutlichen, nur feiten Gebrauch machte. Auch reichte ingroßen Hörfälen fein Organ nicht aus, um auf den ent=fernteren Bänken deutlich verbanden zu werden. Hier=durch wurde die rein rhetorifche Wirkung feines Vortragesbeeinträchtigt. Aber obgleich er (ich diefes Schönheits=fehlers durchaus bewußt war und fleh große Mühe gab,ihn zu befeitigen, ift ihm das nie ganz gelungen, weil dieArt zu fprechen bei ihm der Ausfluß der Wefensart, desTemperaments, überhaupt der ganzen Perfönlichkeit war.Darum fehlte ihm auch das Pathos der Rede, und in dieferHinficht fcheint mir das für ihn zu gelten, was Bambergervon Rudolf von Delbrück , mit dem Helfferich mancheWefenszüge gemein hatte, gefagt hat: „Wenn es ein Fehlerift, nicht pathetifch fein zu mögen, und wenn irgend jemanddas Recht hat, die Fehler feiner Vorzüge zu befrijen, fo iftes ein Mann von diefer eminent fachlichen Leiftungsfähig=keit, die fich gegen das Pathetifche flräubt" *).
Es ift Helfferich vorgeworfen worden, daß er häufigin zu fcharfem, gereiztem Tone fpreche. Ich glaube, daß
*) „Die Nation" 1897, „Rudolf von Delbrüdi zum achtzigften Ge=burtsta»" (17. April 1897).
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