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Karl Helfferich als Währungspolitiker und Gelehrter : Erinnerungen / von Karl von Lumm
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diefe völlig unbeabfichtigte Wirkung ebenfo wie bei Bam=berger, der bekanntlich einer der glänzendften Redner desReichstags der fiebziger und achtziger Jahre des vorigenJahrhunderts war, lediglich auf das Beflreben zurückzu=führen war, (ich durch lautes Sprechen verftändlidi zumachen. Bamberger fagt in feinenErinnerungen" ineinem längeren Exkurs über die Kunft der Rede*):Ichhatte von Anfang an den richtigen InfKnkt, daß es wenigerauf den lauten Ton als auf das deutliche Artikulieren an=kommt. Wenn ich durch befondere Urnftände genötigtwurde, die Stimme anzuftrengen, bekam fie etwas Scharfes,das mir den unangenehmen Änfchein perfönlicher Gereizt=heit gab, wo folche gar nicht vorhanden war. Ich habedaher vorgezogen, weniger verftändlidi zu fein, um nichtden Eindruck der Gereiztheit zu machen."

Diefe rein äußerlichen Mängel wogen leicht gegenüberdem inneren Gehalt der Reden Helfferidis; ihre Wirkungwar oft eine außerordentlich ftarke. Davon habe ich michfpäter, fo auf dem Münchener Bankiertag im Jahre 1912und im Reichstag während des Krieges, wiederholt über=zeugen können. Diefe Reden bildeten für den Hörergeradezu einen äffchetifchen Genuß. Hatte er fleh doch imLaufe der Jahre durch fortgefetjte Übung fowohl in derTechnik des Sprechens wie in der dialektifchen Gewandtheitwefentlich vervollkommnet. Dennoch will es mir fcheinen,als ob der Eindruck, den das von ihm gefprochene Wortauf den Hörer machte, nicht fo mächtig und nachhaltigwar, wie die Wirkung der gedruckten Reden auf denLefer. Wer HelfferidisReichstagsreden" zur Hand nimmt,wird von der Flüffigkeit, Klarheit und Änfchaulichkeit derDiktion hingeriffen fein. Daß den währungspolitifchen Redennicht die begeifternde und überwältigende Schwungkraftinnewohnt, wie den ftets von ganz großen Gesichtspunktenausgehenden Reden auf dem Gebiete der hohen Politik, indenen ein vorbildliches Staatsbewußtfein und eine glühende

*) Berlin 1899. S. 73.

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