Vorwor t.
einahe kein Zweig der Kunst- nnd Literaturgeschichte hat so viele Federn inBewegung gesetzt, als die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst. VierNationen machen auf die Ehre, den Erfinder erzeugt zu haben, Anspruch unddas Bestreben der Vertreter derselben, einer jeden die Palme des Ruhmes zu^ erkämpfen, hat seit dritthalb hundert Jahren zahllose Werke nnd Streitschriften von sehrverschiedenem Werthe hervorgebracht. Mit der zunehmenden Masse derselben sind die Thatsachen eherin Dunkel gehüllt als durch das Licht der Kritik erhellt worden. Die meiste Schuld an diesen Sündengegen die unbestechliche Gerechtigkeit der Geschichte tragt mißverstandener Patriotismus, welcher dieLiebe zur Wahrheit der Liebe zur Heimcith zum Opfer brachte.
Diesen Widerstreit der Meinungen, zumal zwischen Holland und Deutschland , zu schlichte»,jenen Schleier, den hier Vorurtheil oder Absicht, dort Unknnde der Quellen oder Einfalt des Herzensüber die historische Forschung ausgebreitet hält, nach Kräften zu lüften und dem Leser einen Faden in dieHand zn geben, der ihn aus dem Labyrinthe der Behauptungen vor den Areopag der Kritik führe, um nachAbhörung der Parteien alsdann selbst das Richtcramt zu üben, schien bei der vierten Säcnlarfeier derBuchdruckerkunst dem Studicnkreise des Bibliothekars angemessen und der Bemühungen deS Literaturfreundcsnicht unwerth zu sein.
Daß ein solches Führeramt kein leichtes sei, ja sogar in der angewiesenen kurzen Zeit die Kräftedes Einzelnen überbiete, konnte dem Verfasser beim Rückblicke auf sich selbst nicht entgehen, und kaumwürde er es gewagt haben, durch Uebernahme desselben dem Wunsche des Verlegers zu entsprechen,hatte ihn nicht der Gedanke ermuthigt, daß Jeder, der sich der Wohlthaten der Typographie erfreut,einen Stein zn dem Ehrentempel herbeischaffen müsse, den die dankbare Nachwelt der größten allerErfindungen baut.
Der Nachwelt, das ist, unserer Gegenwart, schien es vorbehalten, an den Manen desErfinders den Undank der Mitwelt zu sühnen. Nicht wie Rafael Sanzio eine Apotheose erlebend,wurde Gutenberg erst nach seinem Tode die Bewunderung des Erdballs.