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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Einleitung.

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Halikarnaß ^ntiq. liom. IV, 7. mit einer Stier-Haut überzogen war und demzufolge die Inschriftdarauf mußte geschrieben gewesen sein: so mag dochnach der bekannten Stelle in der Jliade VI, 168.das Einschnciden von Schristzeichen in Holztäfelchcnden Griechen schon vor Homer bekannt gewesen sein.

Zn denjenigen Spuren von Druckversuchen imAlterthume, welche die Erfindung dieser Knust unse-rem Ermessen nach sehr nahe legen mußten, gehörtauch die Erzählung Plutarchs in den lakonischen Sen-tenzen, daß Agesilans, König der Spartaner, daS-Abdrucken verkehrter Schrift mit scharfünnigcr Be-rechnung zur Belebung dcS Muthes seiner Soldatenauf folgende Weise in Anwendung gebracht habe.Vor dem Beginne einer entscheidenden Schlacht ließer das Opfcrthicr zubereiten, schrieb sich heimlichmit Farbe das Wort (Sieg) verkehrt

auf die flache Hand, trat dann zum Altare, um,wie es Brauch war, den Ausgang des Kampfes inden Eingeweiden zu lesen, ergriff begeistert dieLeber des Thieres, drückte sie mit der Hand undschien in tiefes Nachdenken versunken, als er plötz-lich aus der stummen Verzückung zu erwachen sichanstellte und mit trinmphirendcr Miene und mitdem Blicke eines Sehers das WortSieg" ausder Leber zeigte, als ein glückliches Omen, das dieGötter seinem Volke beschicden. Wahrlich ein sehralteS Beispiel des Farbdruckes einer Schrift, unddennoch wurde selbst von dem gebildetsten Volke deralten Welt, von den Griechen, der anscheinend soleichte Schritt vorwärts nicht gethan!

Des Sparterkönigs Absicht war nur für deneinen Fall berechnet; es fehlte also die Hauptsache,das Erkennen des großen Zweckes : Verviclfältiguugdurch Wiederholung und Zusammensetzung einzelnerBuchstaben zn willkürlicher Veränderung.- Derh. Hieronymus, der zu Ende deS vierten Jahrhun-derts lebte, gab in einem seiner Briefe der edlenRömerin Läta zur Benutzung bei dem Unterrichteihrer Tochter Paula folgende Lehre:Man gebedem Kinde Buchstaben von Buchsbaum oder Elfen-bein geschnitten als Spielzeug iu die Hände, damitdas Spiel selbst zum Unterricht werde. Gut istes, wenn man die Buchstaben oft unter einanderwirst, die letzten unter jene aus der Mitte und diese

wiederum nuter die ersten', so wird sie daS Kiudnicht nur dem Namen, sondern auch der Forin nachkeimen lerne»."

Wenn Cicero in seinem Buche über daS Wesender Götter II, 20. dcu Stoiker Balbus dem Epi-curäer Vellejus entgegnen läßt:Wer sich einbil-det, daß eine Anzahl von festen und untheilbarenKörpern durch Schwerkraft znfammengehallen nndaus ihrem zufälligen Zusammentreffen eine ord-nungSvollc und wunderschöne Welt gebildet werdenkönne: von dem begreift ich nicht, warum er nichtauch glauben sollte, daß, wenn man eine ungeheureAnzahl der einundzwanzig Buchstaben, entwederaus Gold oder sonst einem Stoffe, zusanunenwürsc,aus den auf der Erde verbreiteten Formen die An-nalen des EnniuS lesbar zusammengesetzt werdenkönnten. Ich wenigstens zweifle, daß der Znfall auchnur in einem einzigen Verse so viel zn bewirken imStande sei": so muß man sich in der That wun-dern, daß in den aufgeklärtesten Zeiten des altenRoms, wo Cicero'S Schriften in den Händen allerGebildeten waren, Niemand auf den Gedanken fiel,mittelst einzelner Buchstaben Wörter zusammenzu-setzen, sie fest mit einander zu verbinden und abzu-drucken. Viele Gelehrte haben diese gewiß ohnealle Absicht hingeworfene Aeußerung Cicero's füreine der Erstlingsspuren der großen Erfindung ge-halten, und fast alle Geschichtschreiber der Buch-druckerkunst bis auf uusere Tage sprechen einandernach, der große Redner RomS habe schon eineAhnung jener unvergleichlichen Kunst gehabt.

Eine Stelle dcS älteren Pliuius XXXV, 2.wo es heißt: Wie groß bei ihnen einst die Lieb-haberei der Bildnisse gewesen, das bezeugt sowoljener Atticus des Cicero, als Marcus Varro ,welcher die wohlthätige Erfindung gemacht hat, daßer seinen reichhaltigen Schriften nicht nur die Na-men von 700 berühmten Mäuueru, sondern auchderen Bildnisse einverleibte. Er wollte nicht, daßdie Gestalt irgend eines berühmten Mannes ver-loren gehen, oder daß die Zeit wider den Menschenetwas vermögen sollte, wahrlich eine selbst denGöttern beneidenSwerthc Erfindung! Denn er gabden Menschen nicht nur Unsterblichkeit, sondernsandte sie auch in alle Welt, so daß sie aller Orten