Druckschrift 
Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Die sieden Todsünden.> Kalender des Johannes dc <!?ainundia.

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Fehler ist häufig in Bibliotheken dadurch begangenworden, daß man solche Schätze, aus falsch ver-standenem Eiser, um sie recht zu ehren, aus ihremalten Einbande, wo sie meist mit andern gleich-artigen oder wenigstens gleichzeitigen Eulturdeuk-malern vereinigt waren, somit aus ihrem Zusam-menhange riß und ihnen ein neues Kleid anzog,welches aber mit dem alterthümlicheu Inhalte imWiderspruche stehet.

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Diesieben Todsünden." Dies kleinexylographische Wcrkchcn bestehet aus acht Blattern,oder aus einem Druckbogen von sechszehn Seitenin klein Octavformat. Es handelt von den siebenTodsünden: der Ueppigkeit, Vollere!, Hoffarth,dem Zorn, dem Geiz, der Trägheit und dem Neide.Eine jede derselben ist von einer allegorischen Dar-stellung aus der Leidensgeschichte Jesu begleitet,welche ungefähr zwei Drittheile des ganzen Blatteseinnimmt, mit zwei an deren Fuße befindlichenVersen; darunter knieet eine weibliche Gestalt mitzum Gebet aufgehobenen Händen, auf der danebenstehenden Seite befindet sich eine auf den Gegen-stand Bezug habende religiöse Betrachtung an dieJungfrau Maria. Außerdem erblickt man noch zuAnfang und zu Eude eine andere Figur, welche dieganze Blattscite einnimmt.

Ist der Ursprung dieses vor Koning noch ganzunbekannten Holztafelwerkchens gleichwol nicht mitBestimmtheit nachzuweisen, so deutet doch derniederländische Schrifttcrt in derjenigen Sprache,welche man im fünfzehnten Jahrhundert in Hol-land redete, die Form der mit demHcilspicgel"übereinstimmenden Buchstaben, die Gestalt derFiguren, zumal derjenigen in betender Stellung,welche mit den Bildern imHohen Liede" Aehn-lichkeit haben und endlich das Wasserzeichen desPapiers, das bekannte burgundische P, unab-weislich nach der Gegend des Niederrheins hin.Man sehe hierüber Jacob Konings gekrönte PreiS-schrift: Vcrhandeling over den Oorsprong, deuitviuding, vcrbetering en volmaking der Boeck-druckknnst", Te Harlem, 1816. 8.

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DerKalender des Johannes deG a m nndi a." Ein aus mehreren Blättern beste-hender Jnlianischer Kalender, welcher von demMathematiker Johann von Gmünden im Jahre1439 handschristlich in lateinischer Sprache versaßtund später mit Holztaseln gedruckt wurde. DerFamilienname dieses Vorgängers eines Purbach und NegiomontannS, der als Nestaurator derAstronomie und mathematischen Wissenschaften inDeutschland betrachtet werden kann, ist nicht aufuuS gekommen. Er folgte der Sitte seiner Zeitund nannte sich, wie die meisten berühmtenMänner des MittelalterS nach seinem GeburtsorteGmünden, lateinisch (Zi>mun<lia, im Lande ob derEnns am Trannsce. Zwischen 1375 und 1385geboren, ward er 1406 der freien Künste und derPhilosophie Magister, 1423 Professor der Astro-nomie, später Decan der philosophischen Facultatund endlich Kanzler der Universität zu Wien, woer 1442 starb und in der St. StcphanSkirchebegraben wurde. Er legte durch Schenkung seinesmathematischen Apparates und seiner Bücher denersten Gruud zu der Wicucr Universitätsbibliothek.

Dieser Kalender ist die älteste gedruckte Ephc-meride, die bis jetzt bekannt geworden. Früherhatte man den Kalender des Johann von Künspergoder Königsberg (lieglomantanu«) vom Jahre 1474dafür gehalten. Außer der Anzahl der MonatStagcund den in Medaillenform angebrachten Vorstel-lungen der jedem Monate eigenthümlichen Beschäf-tigungen, kann man aus demselben auch dieTag- und Nachtlänge, den periodischen Umlaufdes Mondes, die Zeichen des Thierkreiscs und dieunbeweglichen Feiertage, sowie endlich ebenfallsdas Datum des Osterfestes für jedes Jahr seinerPeriode kennen lernen. Die runden Vignettenstehen über einem jeden Monate und nur diejenigeüber dem Januar, wo aber deutlich ,,Ianuri>)"zu leseu, folglich das zweitea" vom Holzschneidervergessen worden ist, zeigt nicht die dem Monateentsprechende Beschäftigung, sondern König Janusan einer wohlbesetzten Tafel sitzend. In den vierWinkeln der Vignetten stehen oben die Bilder derSonne und des Mondes slI und uud unten