Ansprüche der S'tM Aarleni.
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Hartem seine Geschichte der holländischen Künstlerschrieb, die er im Jahre 1603 im Druck erscheinenließ, würde des großen Erfinders der Buchdrucker-kunst, des Formenschneiders Lorenz von Harlemgewiß nicht vergessen haben, hatte er oder sonstJemand damals schon etwas Positives von dem-selben gewußt. Selbst Jakob van Jonghe, derKarl van Mander's Künstlerhistorie wieder neuherausgab, sagt in einer Note: „daß man demKüster Lorenz die Ehre der Erfindung der Vuch-druckerkunst in Holland und sogar in Hartem be-streite und behaupte, er habe uie allda gelebt."
Später haben sich zwar die Umstünde geändert.Die Archive wurden den Gelehrten zum Behufeihrer historischen Untersuchungen geöffnet. Manverglich in verschiedenen Bibliotheken altholländischeund deutsche Drucke und fand allerdings in derauffallenden Verschiedenheit des Typenschnittcs An-haltspunkte für die Sache von Hartem.
Die gothische Type in Holland war von ihremersten Erscheinen an in ihren Gruudzügen von derin Deutschland üblichen verschieden. Sie ist inder Regel unverhältnißmäßig sctt, liebt scharfe inSpitzen vortretende Ecken, verziert die Initialendurch feine Neben - und Querstriche und endigt diein Spitzen auslaufcnden Buchstaben gern in einemgeschweiften Zuge.
Die nämlichen Eigenschaften unterscheiden zu-gleich unverkennbar die Handschriften Hollands bis1500. Die hollandische Type erscheint also gleichanfangs als treue Nachbildung der vor der Erfin-dung im Lande üblichen Handschrift, wie dicönicht nur in unserem Vaterlands, sondern auch inFrankreich, Italien und England der Fall war.Daraus laßt sich aber noch immer kein vollgültigerSchluß auf eine ursprünglich nationclle Abstam-mung herleiten, wie dies selbst von Ebcrt ange-nommen und ausgesprochen worden ist, denn diemeisten Wiegendrucke in fast allen Ländern sind inihren Lettern dem Muster der daselbst üblichen Schriftnachgebildet. Thcrhocrnen sagt am Schlüsse des vonihm 1474 zu Cöln gedruckten „ r''klsc!e»Ius tempo-rum", daß er des Verfassers Schriftzügc so genaunachgeahmt habe, als wenn es mit dessen eigenenHänden geschrieben wäre. Ebenso schnitt Nicolaus
Jenson in Venedig seine Typen nach dem Vorbildeder schönen italienischen Manuscripte, ColardMansion in Brügge nach der sogenannten „(Zro-^sLiit-lräs" der bnrgundisch-flandrischen Handschrif-ten, Antoine Ve'rard in Paris nach dem Musterder französischen und William Carton in London nach demjenigen der angelsächsischen und britischenLoltlces.
Im Jahre 1824 hat A. Loosjes, welcher schon1808 seinen „Laurcns Koster, Tvoneelstuck" in 8.herausgegeben, die Harlemer Ansprüche in einem456 Seiten starten Buche abermals geltend zumachen versucht und letzteres sogar mit dem schöngestochenen angeblichen Bildnisse Lorenz Kostensgeziert, von welchem man weiß, daß es das Bildeines holländischen Doctors der Theologie, NamensTapper, ist. Schon ein Jahr zuvor hatte es derBibliothekar und Professor Lehne in Mainz zuerstübernommen, die holländischen Ansprüche in derSchrift: „Einige Bemerkungen über das Unter-nehmen der gelehrten Gesellschaft zu Hartem, ihrerStadt die Ehre der Erfindung der Buchdruckerkunstzu ertrotzen. Mainz , 1823. 8." (zweite mit einemAnhange vermehrte Ausgabe. 1825. 8.) gegenKoning, Ottley und Ebert, nicht ohne Leiden-schaftlichkeit, zu bekämpfen. Letzterer antworteteanf diesen Angriff in der allgemeinen Literaturzci-tnng 1824. I^o. 128. und im Jntelligenzblatte vomFebruar 1825 ebenfalls nicht ohue vorgefaßteMeinung.
Die holländische Sache ist nun zehn Jahre hin-durch von Lichtenberger, Dahl und Anderen, be-sonders aber von Dr. A. C. Schaab und I. Wetterin Mainz auf das Heftigsie angegriffen, nach Ko-ning's Abtreten aber von I. Schcltema in Utrecht ,der mit Ersterem nicht in allen Punkten überein-l stimmte, und sowol in seinem „Eonspectus aan-gaande de Verhandeling van I. Koning over deuitvinding van de bockdruckkunst (Amst. 1817. 8.)als in seinem „Berigt en beordcling van het Werkvan !>!>-. C. A. Schaab: de gcschicdcnis der Uitvin-ding van de bockdruckkunst (Utrecht , 1832. 8.),im „Geschied en lettcrkundig Mcngclwcrk, Utrecht 1834", im „Levcns-schets van L. I. Koster"und in dem anonymen Schristchen: „Der Geist