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Versuchen und Erfinden aber, sagtDcnis, sind sowenig einerlei, als Suchen und Finden.
Straffburg hat selbst von den Erstlingsver-suchen nicht ein einziges Druckfragment aufzuzeigen.Daß Gutcuberg überhaupt vor seiner Bibel von42 Zeilen auch nur ein kleines Buch mit beweg-lichen Lettern wirklich zu Stande gebracht habe,Abecedarien, Horarien, Kalender und Donateallein vielleicht anSgcnommen, ist unwahrschein-lich, auch keine Spur davon auszuweisen.
Bei allen großen Erfindungen sind Entdecken,Verbessern und Vollenden die drei verschiedenenBestandtheile, ans welchen das große Ganze zu-sammengesetzt ist. Beginnt aber die Erfindnng erstdann, wenn sie sichtbar wird und für Jedermannkenntlich ins Leben tritt, und trennt man in derErfindnng der Bnchdruckerknnst diese drei Haupt-epochen gehörig von einander: so wird Mainz nureinen Theil der zweiten Epoche mit Straßburg thei-len, die erste und wichtigste aber, das Erfinden,sowie die letzte, daS Vollenden, ihr allein zumRuhme bleibe», denn aus ihreu Mauern sind, wasDeutschland betrifft, die ersten beglaubigten Denk-mäler der neuen Kunst hervorgegangen. -Außerdem Tafeldrucke, der nur bei kleinen Büchern an-wendbar, bedienten sich aber Gntcnberg und Fustauch gleichzeitig beweglicher Buchstabe», die ausHolz geschnitzt waren. Schon der Mainzer DichterArnold v. Bürge! oder Bergel, der um die Mittedes sechszehnten Jahrhunderts in der Buchdruckercides Franz Böhme als Corrcctor angestellt war,sagt in seinem Lobgedichte ans die Typographie vonGuteuberg und Fust: „Sie schnitten ans leichtemHolze die ersten Buchstaben, welche Jeder auf ver-schiedene Art gebrauchen konnte; ihnen kam Petermit dem Zunamen Schöffer zu Hülfe und wurdeim Stechen bald gewandter, als die Anderen."
Von diesen hölzernen Buchstaben haben sichmehrere bis ans unsere Zeit erhalten. Schon dererwähnte Dichter hatte deren zwischen 1525 und1540 gesehen, wie er in der Zueignung seines„Lncomion" an den Erzbischof Albert von Bran-denburg erzählt. Ein gleiches Zeugniß giebt Theo-dor Biblicmder in seiner 1548 zu Zürich gedruck-ten „ Oommentatio <Ie rstions eoiiununi owiiilim
I!»>;"»nim" Seite 80. AngeluS Noccha bestätigt inseinein 1591 zu Rom erschienenen „>^>i><!»<I!x -»6Ijlbliotllecüm Vatic-inilm" Seite 410 die hölzernenmit einem Loche versehenen Buchstaben. DerAmsterdamer Senator Heinrich Spiegel (geboren1549, gestorben 1612) verewigt den Fortschritt der
s Kunst durch diese mit Schnürchen an einander ge-reiheten Holztypen in seinem Gedichte: „Hertspie-
^ ghel" Bd. II. S. 67. Der Straßburgcr Ingenieuruud Baumeister Speckle oder Spccklin (geboren1556), welcher in seiner Jugend das Formen-schneiden gelernt hatte, beschreibt solche Buchstaben,welche aus der ältesten Druckerei dieser Stadt hcr-stammten, in einem Mcmnscripte, welches unsSchiltcr in seinen Anmerkungen zu KönigShofen'sChronik mitgetheilt hat. Nicolaus Serrarius (Ke,<>Noxunt. I, 37.) führt nn, daß er um das Jahr1604 zn Mainz bei dem Buchdrucker Albinus indem alten Hause zum Seulöffel die ersteu Werk-zeuge dieser Kunst gesehen habe. Paulus Pateraus Danzig sagt in seiner 1710 erschienenen Ab-handlung über die Typographie Seite 10, daß ersich erinnere, zu Mainz solche hölzerne, noch ausder Guteuberg - Fust'schen Werkstätte herrührendeBuchstaben gesehen zu haben, welche in der Mittedurchlöchert wareu, damit man sie mittelst einerSchnur zusammenreihen konnte. Der Mainzer Professor Bodmann hatte dergleichen noch im Jahre1781 in der Druckerei des G. Ales in Mainz ge-funden, in dessen am Flachsmarkte gelegenem Hansedie von Jvo Schöffcr gegen das Ende des scchs-zehnten Jahrhunderts hinterlassene Druckerei aus-gestellt worden war und ohne Unterbrechung bis1800 verblieb. Sie waren von Virnbaumholz etwaanderthalb Zoll hoch, viereckig, sehr durch dieWürmer uud den Gebrauch beschädigt und hattenoben ein Loch, um sie an einen Faden oder Drahtreihen zu können. Dies Verfahren war bei denspäteren gegossenen Buchstaben ebenso nothwendigals bei den hölzernen, weil weder jene noch dieseso genau, wiukelrecht und scharfkantig gearbei-tet waren, um sich fest und genau an einanderzu schließen. Zn letzterem Zwecke wurden baldeiserne Rahmen angewendet und die Lettern mittelstSchrauben zusammengehalten. Von nun an wurde
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