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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Vereinigung Gutcnbrrg's mit Johann Fust .

einer hinlänglich zähen Schwärze, damalsTinte"genannt, viele Versuche gekostet zu haben.

Seine frühesten Arbeiten in der Vaterstadtwaren ohne ZweifelAlphabettafeln" für Schul-kinder, welche mit kleinen Pressen abgedruckt werdenkonnten, dann Auszüge aus der damals so beliebtenGrammatik desDouatus"; späterhin nach Trit-heim's Angabe einCatholicon" oder allgemeinesSchulbuch mit Regeln und Beispielen, eine Artphraseologisches Wörterbuch, das aber mit dembekannten, erst nach Aufhebung der GesellschaftauS Gntenbcrg's neu errichteter Druckerei 1460hervorgegangcnen Werke des Johannes de Balbiaus Genua , welches ebenfalls unter dem NamenCatholicon" bekannt ist, nicht verwechselt wer-den darf. Der ehrwürdige Abt zu Spanhcimperstand unter dem AusdruckCatholicon" nichtsanderes als nach dem eigentlichen Sinne diesesWortesein allgemeines Buch."

Gutenberg druckte selbst in der ersten Zeit nachdem Abschlüsse deS Vertrages mit Johann Fnst nochmit festen Holztafeln, nicht sowol auS dem Grundeder Nothwendigkeit, wie Wetter meint, weil dievielleicht länger schon in ihm schlummernde Idee,die Buchstaben beweglich nnd somit gewissermaßenlebendig zu machen, noch nicht in seinem Geisteaufgestiegen war, als weil für gewisse Gegen-stände der Tafeldruck nicht nur wohlfeiler, wiefür Abecedarien und andere Schulbücher, sondernselbst auch geeigneter war, wie zum Beispiel sürAblaßbriefe, welche nicht mehr Raum, als eineSeite eincö halben Bogens in Querformat ein-nehmen durften. Da aber Gutenberg anfänglichkeine andere als eine große Missalwpe zu schaffenim Stande war, zu deren 'Anwendung jener Raumnicht hinreichte, so blieb ihm nichts übrig, als dieJnvulgenzbriefe mir kleineren Buchstaben für denTcrt in Holz zu schneiven. Wetter nimmt an,daß erst um das Jahr 1450, nachdem er sich langeohne bedeutenden Erfolg abgcmühct und fortwäh-rend über die Verbesserung der Knnst nachgedachthatte, ihn endlich der glückliche Gedanke über-rascht habe, die Holztafeln zu zerschneiden und dieeinzelnen Buchstaben von einander abzusondern,um sie beliebig wieder zusammensetzen zu können.

Er führt dabei den nicht ganz parteilosen JohannFriedrich Faust von Aschaffenburg, einen Nachkom-men des Mainzer Johann Fust , als Gewährs-mann an, welcher in seiner Erzählung von demwahren Hergange der Sache in Lersner's Frank-furter Chronik und in Köhler's Ehrenrettung Gu-tenberg's S. 90. sagt:Hat Erfinder sich erin-nert, daß es besser were, mit einzlichen Buchstabenund A. B. C. ein Buch zu setzen, als in ganzenLolumnis oder zu schneiden. Derowegen

hat er die Bretter von einander geschnitten, diegcsammten Buchstaben herausgenommen, und da-mit die Setzerei angefangen, und die abgangeneBuchstaben mit newen versetzet." Zuletzt untcr-

l stützt er diese Ansicht mit dem Schlußsatze: DieGeburt des Gedankens, die Buchstaben beweglich zumachen, war die Erfindung der Buchdruckerkunst.

Ob nun Gutenberg die erste Idee seiner Erfin-dung aus dem Anschauen der schönen Aufschriftenauf römischen Gefäßen, Legionensteinen und ande-ren Denkmälern, welche zu allen Zeiten in Mainz ausgegraben wurden, aus dem Betrachten seinesSiegelringes, oder aus dem von den Formschnei-dern in Holztafeln eingeschnittenen Buchstaben ge-schöpft, oder endlich ob ein Spiel des Zufalls,vielleicht das Herabfallen einer solchen Schriftholz-tafel, wobei die Platte von ungefähr zwischen zweiWörtern entzweibrach, ihn auf die Idee geführthabe, Buchstaben entweder selbst aus Holz für sichallein zu schneiden, oder die in Holztafeln einge-schnittcnen von einander zu trennen, wagen wirnicht zu entscheiden. Doch sind wir nach der Ana-logie einer jeden Erfindung vielmehr geneigt zuglauben, daß der Gedanke, Bücher mit beweglichenBuchstaben zu drucken, nicht sowol nur ein Sohndes Zufalls, sondern vielmehr die Frucht des uner-

j müdetsten Nachdenkens gewesen sei, um in Folgeeines dnrch das gewaltige geistige Drängen derZeit hervorgerufenen Bedürfnisses die BildungS-mittel des Geistes durch größtmögliche Verbreituugallgemein zugänglich zu machen. Was daher vonGutenberg in seiner neuen Kunst zu Straßburg immer geschehen, waren nur Versuche, die nochweit von der Ausführung der Idee, die nur erstzu Mainz ins Leben getreten, entfernt waren.