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Gutenlierg's erste Drucke.
das Einfädeln und Zusammenschrauben zugleich an-gewendet.
Die Ursache, warum diese Arten von Buch-staben selbst in Mainz setzt zu den größten Selten-heiten gehören, ist der Gebrauch, der ehedem dortbestand, daß jedem Buchdrnckerjungen, der aus-gelernt hatte, bei seiner Loösprcchnng einer dieserGulenbergischen hölzernen Buchstaben zum Beweiseseiner erlangte» Fähigkeit und zum Andenken über-geben wurde, wodurch sich ihre Zahl nothwendigmit jedem Jahre vermindern mußte. Die Möglich-keit, mit solchen hölzernen Typen zu drucken, habenCamuS und Wetter durch die That selbst bewiesen,indem sie eine Anzahl Buchstaben anS Holz schneidenund damit drucken ließen. Nur ist zu bedauern, daßLetzterer nicht eine kleinere Schrift, etwa von demKegel der Nota- oder Catholikon-Type, statt dermodernen Tertfractur mit einem so ungewöhnlichbreiten Kegel gewählt hat, wie dies in allen altenDrucken ohne Beispiel ist. Aus solche Weise würdesich genügender haben darthnu lassen, ob er oderEnschede und Fournier Recht behalte, von denenErsterer eine Type, wie von den alten die Koster'-sche und von den neueren Tertcorpus, Letztereraber jede kleinere als „(Zios Komaln", die unsererTertia entspricht, schon zu klein für den Presscn-druck hält. Nach Sotzmann's tiefer Forschung überdiesen Gegenstand kommt es überhaupt wenigerdarauf an, durch die That zu zeigen, daß mit be-weglichen Holzbuchstaben überhaupt gedruckt werdenkönne, als die Grenzen der Schriftgröße festzu-stellen, innerhalb deren dies im Großen und nichtbloS zeilenweise möglich sei. Ihm zusolge sind diebewährtesten Formenschncider und Schriftgiesserdarüber einig, daß große Schrift mit mobilenHolzlettern gedruckt werden kann, daß eS aber beikleinerer und gewöhnlicher Druckschrift unmöglichist, selbst mit der feinsten Sage aus einer Uhrfederdie einzelnen Buchstaben aus einer in Holz geschnit-tenen Schrifttafel so regelrecht und von so gleich-förmigem Caliber herauszuschneiden, daß sie inder Wicderznsammensetzung genan quadriren. DieHolzbuchstaben, deren sich Wetter Behufs cineSProbedruckes bedient hat, werden jetzt auf derStadtbibliothck zu Mainz aufbewahrt.
Gutenberg's erste Druckeso wol mit ganzen Holztafeln als mitbeweglichen hölzernen Buchstaben.
Diese gelungenen Versuche in unseren Tagengelten als Beweis, daß die Benutzung hölzernerTypen im größeren Maßstabe damals möglich warund die Prüfung der ältesten Truckvenkmaler deutetdarauf hin, wenn sie anch nicht außer allem Zweifelsetzt, daß namentlich die frühesten derselben durchsolch ein Verfahren entstanden sind. Als ersteVersuche mit dem Tafcldrucke und mit beweglichenhölzernen Lettern gingen aller Wahrscheinlichkeitaus Gutenberg's und Fust's Werkstatte hervor:
1. „Abcdarien" oder kleine lateinischeABC-Bücher zum Gebrauche für Schulen, vonwelchen sich aber nur einige wenige Fragmente bisauf uns erhalten haben.
2. „Horarien" oder kleine Gebetbücher,etwa das Vater Unser, das Ave Maria, denGlanben uud etwa einige besondere Gebete zuEhren des jedesmaligen Stadt- oder LandpatronSenthaltend, die nach Verbreitung der Buchdrucker-kunst gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhundertsihres schnellen Absatzes wegen allenthalben in zahl-reicher Menge gedruckt wurden, von denen aberbis jetzt kein einziges vollständiges Eremplar mehrbekannt ist.
3. „ Confessi onalien" oder sogenannteB e i ch tsp i e g c l, welche ein Verzeichniß allermöglichen nur immer denkbaren Sünden enthalten,die ein Mensch begehen oder begangen haben kann.Diese Sündenregister, die nur den Raum von
! wenigen Seiten füllen, häufig von den gläubigenChristen auf Reisen und anderswo mit sich herum-getragen wurden, konnten natürlicher Weise derZerstörung nicht entgehen. Nur wenn sie zufälligmit anderen Schriften zusammengebunden wurden,konnten sie sich bis auf unsere Zeit erhalten.MariangcluS Accursius, der bekannte neapolitani-sche Gelehrte, welcher zu Anfang des sechszehntcnJahrhunderts am Hofe Kaiser Karl's V. in Deutsch-land lebte, fand einen solchen Bcichtspiegcl, der aneinen auf Pergament gedruckten Donat angeheftetwar, und schrieb die Worte darauf: „ImpressuZ