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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Das Psalterium von 1457.

Couvcuts, bald mehr bald weniger Gesänge enthielt.Wahrscheinlich richtete man sich hierin nach demVerlangen und Bcdarfe der Kirchen, um das Werkwohlfeiler verkaufen zu können. Indessen ist jedesEremplar mit der merkwürdigen in sieben Zeilenmit kleinerer Schrift und rother Farbe gedrucktenSchlußschrift versehen:Pracsrns spalmorum (»i<-! Druckfehler stattI>5!lIin-»-iim) codcr »enustatc tLapitulium dcco- !rntus Nul>rieiitionii>uSl>ue sufficienter distin-ctno, xAoiiilicntionc nrtisiciosa imprimendi ete»ractrriz»»di »bscjue calami ulla rrarationcsie csfigintus, Lt ad eusedinm Dei industricrst ronsuniumtus Per Johannem fust Civemmognntinum Ct Petrnm Schöffcr oe Gernsz-heim. Anno domini Millcsimo cccclvij. Inliigilio. Assnmcionis."Ju der wörtlichen Uebersetzung:Gegenwärtiges Buch der Psalmen, durch dieSchönheit der Hauptbuchstabett geschmückt undmit unterscheidenden Rubriken hinlänglich ver-sehen, ist durch die kunstreiche Erfiuduug zuDrucken nnd Buchstaben zu bilden, ohne irgendeine Schrift der Feder so ausgeführt und zurVerehrung Gottes mit Fleiß zu Stande gebrachtworden durch Johann Fust, Bürger zu Mainz und Peter Schöffer aus Gernöheim im Jahre desHerrn 1457 am Vorabende des Maria Himmcl-fahrttages" (das ist am 14. August).Die Kosten, welche dieses prachtvolle selbst heutigesTages noch schwer zn übertreffende Meisterwerkverursachte, müssen höchst bedeutend gewesen seinnnd der Ankaufspreis damaliger Zeit, den manjedoch jetzt nicht mehr genau keimt, mag mit demheutigen Werthe im Einklänge stehen.

Das Psakterium von 1457 gehört zn den Biblio-theksschätzcn ersten Ranges und wird wegen seinerSeltenheit, da gegenwärtig nur noch sechs Erem-plare bekannt sind, mit den höchsten Preisen bezahlt.So wurde das einst von Schöpflin den Vorsteherndes St. Victorstiftes zn Mainz abgeschwatzte, imJahre 1754 für 2000 Livres verkaufte Eremplarnach mehrfachem Wechsel der Besitzer endlich imJahre 1817 bei der Versteigerung der ausgezeich-nete» Vüchersammlung des Grafen Mac-Carthy in

Toulouse , obgleich sechs Blatter an demselben fehlen,von dem Könige von Frankreich um 12,000 Frankenfür die königliche öffentliche Bibliothek zu Paris erworben.

Das zweite Exemplar, aus dem St. Victorstiftezu Mainz , ziert jetzt die grofiherzogliche Bibliothekzn Darmstadt .

DaS dritte Eremplar ist dasjenige, welches imJahre 1643 auf dein Singechore der Domkirche zuFreiberg aufgefnuden wurde und gegenwärtig, ob-wol es nicht ganz vollständig ist, einen Hauptschatzder königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden ansmacht. Ihm sind die beigefügten Nachbildungenentnommen.

DaS vierte Eremplar, früher Eigenthum derPrämonstratenserabtei Roth bei Memmingen , woes Schelhorn um 1768 entdeckte, wnrde im Jahre1798 von Lord Spencer für 3000 Rheinische Gul-den erkauft.

Das fünfte, jetzt in der Nesidcnzbibliothek zuWindsor, war früher Eigenthum des Klosters derUrsulinerinncn zn HildeSheim , dann des HofrathcsDuve iu Hannover , von wo es in die GöttingcrBibliothek kam, welche es nachmals dem Königevon England abtrat.

Das sechste, schönste und vollständigste Erem-plar, welches sich früher ans dem kaiserlichen SchlosseAmbras in Tyrol besand, wo es Lambeccius 1665entdeckte, und das niemals zum wirklichen Chor-gesaugc gedient hat, wcShalb anch ohne Gcsang-noten und handschriftliche Abänderungen ist, schmücktgegenwärtig die k. k. Hofbibliothek zu Wien .

Ein siebentes, früher in der Domkirche zuMainz , wo es 1787 Würdtwein auffand, dann zuAschaffenburg und

Ein achtes Eremplar, ehedem in der Stadt-bibliothck zu Maiuz, sind während des französischen Ncvolntionskrieges spurlos verschwunden.

Eine getreue Nachbildung der merkwürdigenSchlnßschrift, welche das früheste Datum einesgrößeren Druckwerkes cuthält, wird zum Vergleichmit der Kostcrschcu, Gutenbcrgischcn und Pfister-schcn Type hier nicht unwillkommen sein.

Dieses Kunstwerk, welches den geschriebenenPsalterien, Brcviarien und Antiphonarien zum