;o6 Geschichte der christlichen Religion.
nicht mehr; Gott hatte dem Volke nur seine auser-ordentliche Gegenwart entzogen; Moses war nur ei-nige Tage abwesend; So erfuhr die nur verkündigteReligion solche Schicksale, die sie kaum hätte erwar-ten können, wenn sie eine blos menschliche Erfin-dung gewesen wäre. Die Leidenschaften des Volkesfoderten eine andre Religion, und wenn Aaron dieWahrheit nicht aus Ueberzeugung aufopferte: soward er aus Furcht ihr Verräther. Er machte demso sehr zur Veränderung gereizten Volke andere Göt-ter, die vor ihm hergehen sollten. Wenn es unterden Abtrünnigen auch heimliche Verehrer des wah-ren Gottes gab; wiewohl die Offenbarung uns kei-ne Nachricht giebt: wo würde ohne die WiederkunftMosis, oder vielmehr ohne einen auSerordentlichenBeystand, die sichtbare und ununterbrochene Folge derReligion geblieben seyn?
Moses kam von Sinai zurück, und Gott lies sichdurch das Gebet seines Gesandten, oder vielmehrdurch seine Gnade gegen das menschliche Geschlecht,bewegen, der Religion das Ansehen wiederzugeben,daö sie ganz verloren zu haben schien. TausendEmpörungen wider seinen Führer und Gott, warengleichsam Weißagungcn von den Veränderungen, dieihr unter einem so leichtsinnigen Volke bevorstunden.Ihre Gesetze waren zwar in steinerne Tafeln gegra-ben; zum Beweise, daß Gott verlangte, sie solltennoch unvergänglicher in den menschlichen Gemü-thern seyn. Allein wie oft mußte sich nicht diesesLicht unter den Wolken der Abgötterey verbergen!Wie oft mußte Gott außerordentliche Männer er-wecken, diese Wolken zu zerstreuen, damit seineWahrheit wieder in ihrem göttlichen Glänze leuchten
konnte!