Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1782)
Entstehung
Seite
646
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646 2. Tl). Von der Orthographie,

weichung die allgemeine Verständlichkeit mehr stö-ren als befördern würde. Daher ist auch die Schriftbey solchen Völkern, deren Sprachen auö mehrernzusammen geschmolzen sind, in der That größernVeränderungen ausgesetzt, als bey andern, welcheihre eigenthümliche Sprache erhalten haben, ob siegleich nicht so groß sind, theils nicht so schnell erfol-gen , als die Veränderungen der Aussprache. Ichwürde zu weitläufig werden müssen, wenn ich das,was bisher gesagt worden, durch Beyspiele erweisenwollte; m»n kann sich selbige leicht selbst aufsuchen,nur muß man dabey nicht vergessen, daß ein Volkdabey nicht anders als nach dunkeler Empfindungverfahren kann, bey welcher die strengste Genauigkeitnicht zu erwarten ist, daher es an Abweichungen undAusnahmen in einzelen Fällen nicht fehlen kann.

Ich bemerk? hierbei) nur noch folgendes, l. DieArt, wie ein Volk feine Sprache schreibt, wird un-ter den gehörigen Umständen, ein ziemlich richti-ges Merkmahl seyn, ob selbige alt und eigenthüm-lich, oder neu und aus mehrern zusammen gesetzt ist.2. Wenn ein Volk in der Schrift von seiner Aus-sprache abzuweichen genöthiget ist, so ist solches einsehr weises, ganz in der höchsten und einigen Absichtder Schrift gegründetes Verfahren, weil es dadurchdie nächste Abstammung so lange, als sie einigenNutzen gewähren kann, wenigstens für das Auge er-hält, und dadurch für die allgemeine Verständlich-keit sorgt. Es verdienet daher nichts weniger alsden Vorwurf der Ungereimtheit, welcher demselbenvon vielen gemacht worden, welche die Sachen nurobenhin anzusehen gewohnt sind. z. Dieses Ver-fahren ist den mehrmahls gedachten Völkern wedervon ihren Beherrschern anbefohlen noch von Sprach-lehrern empfohlen und vorgeschrieben worden. Es

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