?.Kap. Allgemeine Grundsätze. §.9. 649
Gallier in dem s keinen andern Laut als den sanftenSauselaut, so wie wir ihn in sehen und Gast ha-ben. Die Franken, das erste Deutsche Volk, wel-ches schreiben lernte, waren Niederdeutsche und spra-chen das söhne Zweifel auch nicht anders aus, sowie es noch in Niedersachsen in den meisten Fällenso lautet, und die Westphalen es selbst noch in demsch aussprechen, welches bey ihnen wie sg lautet.Und in so fern kam auch die Aussprache der Franken mit der Schrift überein. In dem ganzen obernund südlichen Deutschlande herrschte schon vonden ältesten Zeiten an der volle Zischlaut in denmeisten Fällen, wo das niedere und nördliche bloßden Sauselaut hören läßt. Als nachmahls dieFranken sich das obere Deutschland unterwürfigmachten, gewöhnten sie sich als der schwächere Theilan die herrschende Mundart des Landes und verir-ren sich endlich gar unter den Oberdeutschen, und sotrat auch bey ihnen der volle Zischlaut in die Stelledes Sauselautes. Daß aber weder die Oberdeut-schen noch die Franken daran dachten, beyde iauteim Schreiben zu unterscheiden, rühret aus der be-reits oben angezeigten Ursache her. Das RömischeAlphabet hatte kein Zeichen für den Zischlaut;woher hätte man also eines bekommen sollen? Hät-te man etwa das Hebräische Schin ausnehmensollen? Aber wer kannte um diese Zeit das Hebräi-sche ? Und hätte man es auch gekannt, so würdeman aller Rohheit dieser Zeiten ungeachtet doch ge-wiß die Unschicklichkeit gefühlet haben, HebräischeSchriftzüge unter die Römischen zu mischen, da bey-de nicht die geringste Ähnlichkeit mit einander haben,und daher nie ein nur erträgliches Ganzes ausma-chen können. Es blieb also weiter nichts übrig, alsein willkührlicheS Zeichen anzunehmen. Allein die-
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