-.Kap. Allgemeine Grundsätze. §.16. 685
sie es aber auch wäre, so würde daraus doch weiternichts folgen, als daß der höchste Grad der Vollkom-menheit von keinem endlichen Dinge zu erwarten ist,daher es unbillig seyn würde, ihn von der Obersach-sischen Aussprache zu fordern. Die Niederdeutschenhaben in der sorgfältigen Unterscheidung der weichenund harten Buchstaben vor den Obersachfen einigenVorzug, einen noch größern aber vor allen Ober-deutschen; aber dafür haben sie wieder andere Män-gel, worunter ich nur diesen anfuhren will, daß esihnen so schwer fällt, den Dativ und Accusativ zuunterscheiden.
Es fehlet freylich nicht an andern Vorwürfen,welche man aus verschiedenen Provinzen der Ober-sächsischen Aussprache gemacht hat; allein sie grün,den sich insgesammt auf eine mangelhafte Kenntnißdes Hochdeutschen, und dessen Verhältnisses zu denübrigen Mundarten, und setzen dabey immer die Aus-sprache dieser oder jener Provinz, als die einige wah.re und richtige voraus. Dahin gehöret der Vor-wurf, welchen manche Oberdeutsche den Obcrfachfenmachen, daß sie so vielen Wörtern das weibliche eanhängen: Bube, Anabe, Rc.de, böse., leiseu. s. f. Allein sie verwechseln das weibliche mit demmildernden e, welches die Hochdeutsche Mundartbey ihrer Ausbildung angenommen hat, die harteEinsilbigkeit mancher Wörter zu mildern, besonderswenn sie sich auf einen weichen Confonanten endigen,der in der Biegung weich bleiben muß. Der Ober-deutsche, welcher, seiner harten Mundart zu Folge,der 25ud, (wie Bup,) spricht, muß doch in derDeclination das b wieder weich sprechen, des Bu-ben, die Duben. Der Hochdeutsche hat diese ge-doppelte Aussprache eines und eben desselben Buch-staben in einem und eben demselben Worte, in vielen
Fällen