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Neubau der Weltwirtschaft / von Gerhart von Schulze-Gävernitz
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wieder hergestellt werden. Mancher Argwohn, der jetzt dieslawischen Bewohner Österreich-Ungarns gegen Mitteleuropa Stellung nehmen läßt, wird dann vielleicht an Schärfe verlieren.Das wäre sehr wichtig, da Mitteleuropa einer breiteren Grund-lage bedarf, als die deutsch -magyarische Freundschaft alleinbieten kann. Hoffentlich findet auch die polnische Frage keineErledigung, welche uns die unversöhnliche Feindschaft deswirtschaftlich wichtigsten^ Teiles von Rußland, der Ukraine ,zuziehen könnte. Der Ubergang Galiziens an Polen würdeeben mit Rücksicht auf Ostgalizieu nicht unbedenklich sein,sofern für Ostgalizieu nicht eine Autonomie zum Schutze derruthenischen Nationalität erreichbar wäre.

Daß uns Rußland nicht alles sofort bieten kann, was wirgern von ihm haben möchten, weiß ich sehr wohl. Immerhinscheinen nicht unerhebliche Getreidevorräte dort noch vor-handen zu sein, nach den vorsichtigsten Schätzungen etwa vier,nach optimistischer Auffassung 9 bis 10 Millionen Tonneu.Vielleicht schaffen auch die ungünstigen Währungsverhältnisse,die in Mittel- und Osteuropa bestehen, eine Art besondererInteressengemeinschaft. Haben doch Rubel, Mark und Kronein ihren gegenseitigen Beziehungen weniger an Kaufkraft ver-loren, als im Verhältnis zum Pfund und zum Dollar. Es wirdangesichts des zu erwartenden empfindlichen Tonnagemangelsnach dem Kriege die relative Leichtigkeit des Landverkehrszwischen uns und Osteuropa ebenfalls ins Gewicht fallen. Wirmüssen uns ja darüber klar sein, daß die glänzenden Erfolgedes U-Boot-Krieges uns nach dem Frieden auch mancherleiwirtschaftliche. Nachteile aufbürden werden. Unsere Einfuhrist vor dem Kriege doch zu einem recht erheblichen Teile durchdie Handelsmarine der Länder bewirkt worden, die jetzt derZerstörung durch die U-Boot-Waffe ausgesetzt ist. Es kamennämlich im Jahre 1912 in deutschen Häfen deutsche Schiffemit ungefähr 20 Millionen Registertonnen, fremde Schiffe mit.13 Millionen Registertonnen an, darunter 6 x / 2 Millionen Register-tonnen englischer Flagge. So wird also der Eisenbahn- undder Binnenschiffahrtsverkehr in den ersten Zeiten nach demKriege sicher eine besondere Bedeutung erlangen.

Es wäre aber ein verhängnisvoller Irrtum, wenn man glaubenwollte, daß diese mittel- und osteuropäische Örientierung irgend-wie ausreichen könnte, die vollständige Wiedergeburt unseresWelthandels herbeizuführen. Dazu ist gewiß das britischeImperium, sind Nord-, Mittel- und Südamerika unentbehrlich.Nur sie können uns mit Baumwolle, Schafwolle, gewissen seltenen