Stammesabneigung den Deutschen wenig freundlich gegen-überstehen, während deutsche Industrielle diesen Anschluß be-grüßen. Also man müßte bei den Tschechen die größte Ab-neigung erwarten. Merkwürdigerweise ist aber das Gegenteilder Fall. Gerade die Tschechen haben keine wirtschaftlichenBedenken, während die österreichische Industrie, in den Haupt-zweigen deutsche Industrie, in der Eisenindustrie Bedenkenhat. Das liegt an folgendem: die Produktion Böhmens gehtden natürlichen Lauf der Agrarproduktion, den Flüssen nach,nach Deutschland . In gleicher Weise spielt sich auch derganze Schiffsverkehr ab. Die tschechische Eisenindustrie isteine solche, welche Roheisen nicht produziert, sondern ver-arbeitet. Es liegt „ihr an dem billigen Roheisenpreis. Diedeutsche Industrie Österreichs, die in den Alpen -Montanwerkenund in anderen zum Ausdruck kommt, produziert hauptsächlichRoheisen und hat infolge des Schutzzolles außerordentlichhohe Eisenpreise, die einen Teil ihres Gewinnes darstellen.Infolgedessen sind die Tschechen mehr für die Annäherung.
In Ungarn fragt es sich, ist der Verdienst, den die un-garische Landwirtschaft an größerem Absatz nach Deutschland hat, ein so großer, daß daraus der Staat seine Industriefördern kann? Was ist nun ein Schutzzoll? Ein Zoll isteigentlich nichts anderes, als eine Verteuerung gewisser Produktezugunsten eines bestimmten Produktionzweiges, dessen Auf-rechterhaltung und Förderung man auch auf Kosten der Ge-samtheit des Staates für notwendig erachtet. Diese Förderungbraucht aber nicht in Gestalt von Zöllen zu bestehen. Sowieder Staat Geld hat, das er auf irgend eine andere Weisebekommt, ist er auch in der Lage, dieselbe Unterstützung inGott weiß welcher anderen Form zu gewähren, z. B. durchSubventionen.
Was unsere Industrie anbelangt, so sind es nur wenigeZweige derselben, die von der Konkurrenz Österreich -Ungarnsbedroht würden. Was aber hier wohl bedroht werden könnte,das sind die Finanzen einiger Chefs der Industrie. Es istmir z. B. bei einer Besprechung einmal aufgefallen — ichwill keine Namen nennen —, daß der Chef einer großen, sehrgroßen deutschen Firma auf die Opfer hinwies, die er beimwirtschaftlichen Anschluß mit Österreich-Ungarn würde bringenmüssen. Es war gänzlich unverständlich, wie er diese Opferbringen konnte, denn seine Industrie war eine so kräftige,daß er eigentlich nur an Export verdienen konnte. Bei nähererÜberlegung zeigte sich aber folgendes: er war finanziell in-