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unsere Gleichberechtigung. Das System der Meistbegünstigunghat einmal alle Handelsbeziehungen unter den Kulturvölkernbeherrscht. Das war in den 60er, 70er Jahren, als die euro-päischen Großstaaten in ungefähr gleicher militärischer undwirtschaftlicher Stärke nebeneinander standen und nun denHandelsverkehr unter sich durch die bekannten Handelsverträgeder 60 er Jahre so regelten, daß sie sich gegenseitig versprachen,keinen zu bevorzugen, sondern alle auf gleicher Stufe zu be-handeln. Dieses ganze System, das auch den kleinen Völkerneine geeignete Stellung und ruhige Entwicklung verbürgte, istaber doch, wie wir alle wissen, in Trümmer geschlagen wordendurch die -Tatsache, daß riesenhafte Imperien im Zusammen-hang mit der Umspannung der Erde durch Eisenschieuen zuüberstarken Wirtschafts- und Staatskörpern emporwuchsen:die nordamerikanische Union, Rußland , das Greater-Britain.Auch Frankreich ist dahin zu rechneu, weil sein neues Kolo-nialreich eine Grundfläche vom Umfange Europas umfaßt.Seitdem ist es vorbei mit der Gleichberechtigung und Meist-begünstigung. Sie wissen, daß die Engländer sich Sonderver-günstigungen ausgemacht haben in Kanada, in Australien , inSüdafrika — sie sind nur ein Ausdruck für die vor sichgehende Konsolidation des riesenhaften Reiches. Sie wissen,daß die Amerikaner, die Russen, die Franzosen ihre Imperiendurch ein Hochschutzzollsystem abgeschlossen haben, daß dasamerikanisch-englische Großkapital im Begriff ist, eine aus-beutende, ökonomische Herrschaft über die Welt, uns einbe-griffen zu erringen, daß sie durch das weite Gebiet, das sie be-herrschen, in die Lage versetzt sind, die Preise für die wichtigstenRohstoffe zu diktieren. Wo dies geschieht, ist es eben aus mitder Gleichberechtigung, mag man noch so viel Meistbegünsti-gungen in die Handelsverträge hineinschreiben. Wollen wiralso unsere Stellung in der Welt als eines gleichberechtigtenVolkes durchsetzen, so müssen wir dafür sorgen, daß wir eineMacht aufrichten, welche derjenigen der Riesenreiche gleich-wertig ist. Exzellenz v. Rechenberg hat schon betont, daß dasnach unserer geographischen Lage im wesentlichen nur möglichist im Wege des freiwilligen Zusammenschlusses mit denjenigenunserer Nachbarn, die einem gleichen Schicksal., unterliegen,also zunächst mit unseren Kampfgenossen, den Österreichernund Ungarn . Es scheint mir deshalb doch unrichtig gedacht,es scheint mir, als würden die hier obwaltenden weiten Zu-sammenhänge nicht in ausreichender Weise erkannt, wenn nachdem Zeugnis des Herrn Justizrat Waldschmidt große Teile
Sehulze-Gaevemitz, Neubau der Weltwirtschaft. 3