Die Wiener Schlußakte.

129

Gentz, welche nur ständische Vertretungen im mittelalterlichen Sinnedulden wollten, uicht aber Verfassungen, wie sie namentlich Bayern,Württemberg und Baden eingeführt hatten, nicht wiederkehrten.Artikel 54 erklärte es für eine Pflicht des Bundes, darüber zuwachen, daß gemäß Artikel 13 in allen Bnndesstaaten landständischeVerfassungen eingeführt würden, aber Artikel 55 fügte hinzu, daßes den souveränen Fürsten überlassen bleibe, diese innere Lnudcs-augclegeuheit zu ordnen. Wohl wurde im Artikel 57 der Grund-satz aufgestellt, daßdie gesamte Staatsgewalt in dem Oberhauptedes Staates vereinigt bleibeu" müsse, und daß der Souverändurcheine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmterRechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden" könne:aber darüber wollten ja selbst die fortgeschrittensten Liberalen jenerTage nicht hinausgehen. Und der Artikel 56:Die'in anerkannterWirksamkeit bestehenden landständischen Verfassnngeu können nurauf verfassungsmäßigem Wege wieder abgeändert werden" klangwie eine Absage an die Theorie der Karlsbader Beschlüsse , enthielteine gewisse Garantie auch der süddeutsche» Berfassuugeu, welchemau in Karlsbad , wenn auch ohne sie zu nennen, verurteilt hatte.Es wurde auch vorgesehen, daß ein Staat seine Bersassung aus-drücklich unter den Schutz des Bundes stelle. Artikel 59 und 60forderten Beschränkuugen der Ösfcutlichkeit der laudständischen Ver-haudlungen, aber hierin und in den übrigen Bestimmungen lagdoch nichts, was die Entwickelung des Verfassuugslebeus der Einzel-staaten in ähnlicher Weise hätte hemmen mögen, wie es die Karls-bader Beschlüsse in Aussicht genommen hatte».

Zu den lebhaftesten Debatten kam es in den letzten Wochen derWiener Beratungen ans Anlaß der Versuche. Preußen zu zwingen,seilt durch das berühmte Zollgesetz von 1818 geschaffenes Zoll-system den Wünschen der Nachbarn zu opfern. Die verschiedenstemInteressen wurden dnrch diese Fragen aufgeregt, uuter denen dieBestrebungen des für seine kühnem Gedanken mit grenzenloserHingebung thätigen Friedrich List, der Deutschland damals miteinem Schlage zn einem einheitlichen Handelsgebiet glaubte um-schaffen zu können und den langsamen Weg, den Preußen zudiesem Ziele einschlug, nicht in seiner Bedeutung erkauntc, durch

Kaufmann, polit. Geschichte. 3