Kaiser Friedrich .

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König von Preußen", übergegangen sei. Kaiser Friedrich wardamals hoffnungslos krank, eine Krebsgeschwulst überwucherte seineAtmungsorgane, und unglückliche Umstünde ließen ihn die Operationversäumen und die Behandlung einem schlechten Arzte anvertrauen.So verfiel der kräftige Mann einem Leiden, das ihm nur gestattete,seinem Volke durch den Heldenmut ein Beispiel zu geben, mit demer dies Leiden trug. Vom 30. bis zum 57. Jahre hatte er alsKronprinz neben dem Throne gestanden, bisweilen zu den Staats-geschäften hinzugezogen, meist aber ferngehalten und nur in dengroßen Kriegeu 1866 und 1870 zu einer bedeutenden Thätigkeitberufen, nachher noch vereinzelt in der Stellung eines Inspekteursder süddeutschen Truppen, des Vorsitzenden des Staatsrates undals Stellvertreter des Vaters nach Nobilings Attentat. Oft-mals hat er sich bitter darüber geäußert, daß man ihn geflissentlichbeiseite schiebe, und gegen die ohne sein Wissen erlassene Preßnovellevon 1863 erhob er lante Opposition. Auch sonst hielt er in derKonfliktszeit und bei der Schleswig-Holsteinschen Angelegenheitnicht zurück mit Äußerungen des Unwillens über BismarcksPolitik, ohne doch jemals die Rolle eines Hauptes der Oppositionzu spielen.

Die Liberalen rechneten darauf, daß der Kronprinz seineMinister aus ihrer Mitte wählen oder doch ihre wichtigsten Forde-rungen erfüllen werde, sobald er auf den Thron gelange, und znForckenbeck namentlich hatte der Kronprinz ein sehr großes Ver-trauen. Indessen lagen doch auch Züge in seinem Wesen, dieleicht dahin führen konnten, daß diese Verbindungen abgebrochenwurden. Er hatte von der Macht der Krone sehr starke Begriffeund konnte sich leicht verletzt fühlen. Wahrscheinlich würde seineRegierung die hochgespannten Hoffnungen, die man überall an ihnknüpfte, wenn man gedachte, daß der Held von Königgrätz dasScepter aus der müden Hand des nberalten Vaters nehme, kaumerfüllt haben. Er hatte Kraft und Frische uud hat sich in derschweren Stunde der Nikolsburger Verhandlungen rasch für Bis-marcks hohe Auffassung entschieden und den Widerstand des Vatersüberwinden helfen. Dagegen hat er 1370 bei den Erörterungenüber den Eintritt der süddeutschen Staaten in den Norddeutschen