Herzog von Orleans dem Herzog von Noailles Audienz ss .Selbst der große Rousseau pflegte stundenlang auf sei-nem Nachtstuhl zu verbringen c7 . Unter Ludwig XIV. wurden auch die geheimen Gemächer mit großem Lu-xus ausgestattet. Chaulieu 68 schreibt von einem Schlossedes Marquis de Bethune: „Jedes Schlafzimmer hat sei-nen Nachtstuhl (chaise percee) mit Samt überzogen undmit Fransen geziert, mit Porzellanbecken und einemLeuchtertische zum Lesen. Der Marquis von Bethunehat seinen Nachtstuhl neben den meinigen bringen las-sen, und wir verbringen die Tage an diesem Ort derFreude. Ich weiß außer Montaigne niemanden, der dasKapitel vom Nachtstuhl mit solcher Gründlichkeit be-handelt hätte." Ein Modenstich von 1688 stellt dieDame von Rang „etant ä ses necessites" dar 69 .Wie wenig Aufhebens man von der Verrichtung eineskleinen Bedürfnisses machte, berichtet uns die Liselottegleichfalls in ihren Briefen 70 : Der bekannte FinanzmannJohn Law erfreute sich 1718—1720 großer Beliebt-heit in Paris. „Wenn Mr. Law wollte, würden ihm diefranzösischen Damen wohl mit Verlaub den Hinternküssen; zu sehen, wie wenig scrupuleux sie seyen, ihnpissen zu sehen; er wollte Damen keine Audienz geben,weil ihm gar noth zu pissen war, wie er es den Damenendlich sagte, antworteten sie: Das macht nichts, pis-sen Sie, und hören Sie uns an. Also blieben sie so langebei ihm."
Uns modernen Menschen, die wir die Verrichtung der
66 Max Kemmerich, Kulturkuriosa, München, Bd. i, S. ig/|.07 M. Kemmerich, a. a. O.
68 Letlres inidites, p. i4o—14x.
69 Hanns Floerke, Die Memoiren des Herzogs von Saint-Simon ,München io,i3, 2. Bd., S. 367.
7 ° A. a. 0., S. 368, TNr. 7.
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