Verschiedene Ansichten über die Erfindung.
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Venedig und Nussembnrg, ein Dorf im Elsaß ,sind nach und nach sür die Wiege der Typographiegehalten und in besonderen Schriften als solchegenannt oder auch vertheidigt worden. Die Listeder Personen, welche als Erfinder angegebenwerden, ist noch weit zahlreicher. Sie enthalt dieNamen: Panfilio aus dem edlen Haufe Castaldia,Ccnnini, GenSfleisch (welchen Einige als einebesondere von Gutenberg verschiedene Person an-sehen), Koster, Gutenberg , Fust, Schöffcr, UlrichHau, Jenson, Mentelin , Pcumartz, Negioinontanus,Gresmnud, Pfister, Bamler, Zainer, Swcynheym,Lndwig von Vaelbecke, Jean Briton u. a. m.
Hier ist nicht der Ort, alle diese Anmaßnngeuzu untersuchen. Die meisten beruhen auf keinemauthentischen Denkmale, auf gar keinem aus-drücklichen Zeugnisse. Einige dieser Schriftstellererklären die Sache für unentschieden, ohne irgendeinen Grund für diese Behauptuug anzugeben.Einige treten srüher ausgesprochenen Meinungenbei, ohne auch nur ein Motiv dafür zu nennen,vielweniger die Schwierigkeiten derselben zu lösen.Wieder Andere behandeln den wichtigen Gegen-stand so oberflächlich und flüchtig, daß man ebendaraus sehen kaun, wie wenig Gewicht sie auf dieBehauptungen ihrer Gewährsmänner legen, aufwelche sie zurückweifen. Die meisten gaben sichnicht einmal die Mühe, die ersten Thatsachen derBuchdruckcrgeschichte zu sammeln, geschweige dennaber den übergroßen verworrenen Stoff kritisch zuverarbeiten.
Die verdächtigsten dieser Ansprüche sind die-jenigen, welche aus Nationalstolz oder aus Privat-intercsse herrühren, wie z. B. die Bemühungen desEngländers AtkinS sür Orford, der Straßburger Geschichtschreiber HieronymnS Gebwilcr und JohannSchott für ihren LandSmann Johann Mentelin .Noch immer sehr schwankend, wiewol schon etwasgehaltvoller sind solche Angaben, die aus denChroniken des fünfzehnten Jahrhunderts, wie eineSPhilippns de Lignamine, des Palmcrins de Pisa,des DonatuS Bossius, Heinrich von Wirczbnrg,das ist Würzbürg, des Jakob von Bergamo,oder aus dcu Geschichtswerken eines Marc-AntonCocciuS Sabcllicns, Johann Baptist FulgosnS und
Venegas de Busto entnommen sind, Angaben, diesich einander häufig widersprechen, die aber dochbeweisen, daß man während der drei letzten Decen-nien jencS Jahrhunderts sast altgemein Johann Gu-tenberg auS Mainz für den Erfinder der Buch-druckcrkunst hielt, wobei auch manchmal Schöffer ,Faust oder Fust, Medinbach oder Meydenbach undMentelin als seine Gehülfen genannt werden.
Mehr Anhaltepunkte für die Kritik gaben aus-führlichere Erzählungen, wie jene des Johann Thnr-mayr, von seiner Vaterstadt Abensbcrg in BaiernAveutinnS genannt, des Arnold von Bürge! oderVcrgel, ArnolduS Bergellanns, und gleichzeitigeUrtheile von stimmberechtigten Sachkennern, wiePeter Schöffer's von Gernsheim in des Abtes Trit-heim's Jahrbüchern, und Ulrich Zcll's, des älte-sten Kölner Druckers, in der „Cronica mm derhilligcr Stat im Cölle", Cöln, Koclhof, 1499.in Folio, obschon diese Chronik in anderer Hinsichtsehr unzuverlässig, mitunter fabelhaft ist uud nichtselten die Vorwürfe verdient, die ihr von den gründ-lichen Forschern Marchand und Fonruier gemachtwerden. Die besten Beweise aber liesern sprechendeDenkmäler, als in GerichtSaeten, Urkunden, Stadt-büchern und dergleichen vorkommende Zeugnisse, vorallem aber die Werke der Drucker selbst.
Als gänzlich unhaltbar verschwinden Behaup-tungen, wie die eines Volatcrrani in seinem Lom-ment. in'düii. lid. XXXIII,, I^ulvii nnti^ult. nrl)!»
Komae 1545. 8. x. 314., welcher ohne die geringsteKenntniß der Wiegendrucke ganz naiv erzählt:„Zwei Brüder ans Deutschland Conrad Sweyn-heym und Arnold Pannartz haben die Buchdrnckcr-kunst im Jahre 1465 zu Rom begonnen nnd dieersten aller gedruckten Bücher waren „Angustinvon der Stadt Gottes" und „Lactantius." "Ebenso lächerlich ist die Meinung des Antonio
del Corno, Klemori« i«torii!!ie <Ii 1<'eIti'L, Venetiü,1710. in 4. 124. „Der gelehrte Dichter Panfilioaus dem edlen Hause Castaldia .... welcher dieBuchdruckerkuust im Jahre 1440 zu Fcltre erfundenund nachmals seinem Freunde und Genossen Faustmitgetheilt hat, welcher sie alsdann im Jahre 1450in Deutschland in der Stadt Mainz in Anwendungbrachte."