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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
Seite
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Stereotypie.

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dem Vergreifen der Auflage der Satz wieder vonNeuem gemacht und ein bedeutendes Capital inPapier, Druckerlohn u. s. w. gesteckt werden muß.Die größten Vortheile aber sind höchstmöglicheCorrcctheit des Testes und gleichmaßige Schärfedes Druckes.

Die Stereotypie theilt mit der Buchdruckcrkunstdas gleiche Loos, daß ihre Urgeschichte lange inDunkel gehüllt war und heftig darüber gestrittenworden ist, wem der Ruhm der Erfindung gebühre.Lange schon war das Bedürfniß gefühlt worden,den Satz, nachdem er sorgfaltig von Fehlern befreitwar, gegen jede mögliche Veränderung zu schützen,was besonders bei Zahlenwerken, wie z. V. beiLogarithmentafeln, höchst wichtig ist. Ein Deutscher,Namens I. Müller, Prediger au der refornürtenKirche zn Leyden, faßte zuerst den Gedanken, diemit beweglichen Lettern gesetzten Schriftcolumncndurch einen Ueberguß auf der Rückseite in ein Gan-zes zu vereinigen. Diese Idee führte er in Gemein-schaft mit seinem Sohne W. Müller und unter Bei-stand eines gewissen Van der Mey zwischen 1701 und1711 zuerst mit Mastir und endlich mit Gyps aus.So haben sie die stehende Schrift zu einer holländi-schen Bibel geliefert, die sich noch vor Kurzem inden Handen von Luchtmans in Leyden befand.

Mag auch, wie Wcstreenen vanTiellandt meint,I. van der Mey das Stereotyperen in der jetzigenArt und Weise gekannt haben, so muß er wegen dergroßen Schwierigkeiten es nicht der Mühe werthgefunden haben sich weiter damit zu befassen, wennman nicht annehmen will, daß er sie geheim gehaltenund mit sich ins Grab genommen. Dem schottischenGoldschmied William G ed in Edinburg gebührtder Ruhm, zuerstsolide Platten aus Matrizengegossen zu haben, welche von einem aus beweg-lichen Lettern componirten Schriftsatze entnommenwurden." Er verband sich mit Fenner und Jamesin London , welche in den Jahren 1729 bis 1730Bibeln und Gebetbücher sür die Universität vonCambridge stereolypirten. Ged lieferte 173l stehendePlatten zu einem Sallust. Neid und Eifersuchtdortiger Buchdrucker traten jedoch den Unterneh-mungen störend entgegen, weshalb der Erfinder nachEdinburg zurückkehrte und erst spater mit Hülfe

seines Sohnes James mehrere mit Platten gedruckteWerke erscheinen ließ. Er starb 1749.

Um das Jahr 1770 machte Benjcun in Mecom,Neffe des berühmten B. Franklin , zu Philadelplnaangestrengte aber vergebliche Versuche, das Idealvon Drnckvcrvollkoininnung, das vor seiner Seeleschwebte, zu erreichen.

Um das Jahr 1780 fand Alexander Till ochzu Glasgow , ohne Gcdö Erfindung zn kennen, eben-falls ein Verfahren, Stereotypplatten hervorzubrin-gen und machte in Gemeinschaft mit dein Univcrsi-tatSbuchdrucker Andreas Fouliö mehrfache Ver-suche. So erschien 1782 die AuabasiS des Xeuophon.Diesem folgte 1783 Fr. Jos. Jgu. Hoffmaunaus Schlettstadt im Elsaß , dessen pomphafte Ankün-digungen der neuenPolytypie" oder auchLogo-typie", wie man sein Verfahren uauntc, und seineauf diese ucuc Weise gedruckte Ausgabe vou Cheuier's KecliLrclios sur les Klaures" 3 Bände in OctaV,zumal in Frankreich großes Aufsehen machten.Kaum hatte Joseph Carez in Toul davon gehört,als er ebenfalls Versuche anstellte, Platten in Por-zellanerde zn gießen, und in dein Erfolge glücklichwar. Er nannte seine Methode Homotypie.

Um das Jahr 1792 machten Gatteur, Herhanund Firm in Didot in Paris auf verschiedenenWegen nicht minder günstige Versuche. Der Ersterenannte sein VersahrenMonotypie", der Letztereaber gab dem seinigen den jetzt allgemein adoptirtenNamenStereotypie" (von er^ko? und rv'-roz).Sein erstes auf diese Art gedrucktes Buch warenCallct's Logarithmentafeln"; doch sind diese nichteigentliche Stereotypen nach dem gegenwärtigen Be-griffe des Wortes, sondern die ans einzelnen Letternzusammengesetzten Druckformen auf der Rückseiteverschmolzen, nach der Art, wie Van der Mey zuAnfang des vorigen Jahrhunderts das syrische NeueTestament gedruckt hat. Herhan ließ mit seinenGehülfen Errand und Renouard unter dein Bcirathedes Grafen von Schlabrendorf, jenes bekanntenEremiten in der Weltstadt Paris , kupferne Letternanfertigen, in welche aber, verschieden von jedemanderen Verfahren, die Schriftzeiehen vertieft undnicht verkehrt Angeschnitten waren. Mit diesensetzte er den Tert wie gewöhnlich und goß dann die