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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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len ins Schlepptau genommen und von Unbesonnenheit zu Unbeson-nenheit fortgerissen zu haben, um zu guter Letzt gegen dasselbe Kehrtzu machen und über es herzufallen, da es allen inneren Haltes be-raubt, weder Freunde noch Verbündete, weder System noch Richtungmehr hatte: das würde allerdings für die höchste Leistung in jener Kunstdes Nasführens gelten müssen, welche ehedem als die Quintessenz di-plomatischer Geschicklichkeit bewundert wurde.

Man muß jedoch der Versuchung widerstehen, welche uns sogern verlockt, die Ereignisse zu dramatisiren. Die Wirklichkeit ist ge-wiß sehr oft erfinderischer in Verwicklungen als es jemals ein Poe-tengehirn gewesen; und diese Fruchtbarkeit des Lebens selbst sollteuns mißtrauisch machen gegen die Neigung unserer Einbildungskraft,welche sich darin gefällt, hinter jedem Zusammentreffen von Ereig-nissen die menschliche Hand zu suchen, die solche mit Kunst vorbe-reitete. Im sechzehnten Jahrhundert würde alle Welt darüber einiggewesen sein, daß Herr von Bismarck den König von Dänemark vergiften lassen, weil er aus diesem plötzlichen Todesfall einen sogroßen Vortheil für die schließliche Verwirklichung seiner Entwürfezu ziehen verstand. Wenn man indessen den Wechselgang der Ereig-nisse in diesem Zeitabschnitt näher ins Auge faßt, so gelangt manvielmehr zu der Ueberzeugung, daß der preußische Minister weder jeneEinheit der Methode noch jene diabolische Vorausberechnung gezeigt hat,denen diejenigen überall begegnen, deren willige Phantasie allerwegenaus der Geschichte und der Verkettung der Begebenheiten einen Ro-man herausliest. Im Verlauf der Dinge riß ihn die diplomatischeStrömung bisweilen in so starke Widersprüche mit sich selbst hinein,daß man ihn beschuldigen könnte, allzu leichtsinnig sich aus die Hilfs-mittel seines Jmprovisationstalentes verlassen zu haben. Seine Artdie Umstände zu benutzen erinnert manchmal an das Wort jenesRomanschreibers, welcher zur Charakterisirung seiner Erfindungs-