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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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Aie constitutionelle Regierungssorm ist bis heute in Deutschland sel-ten etwas Anderes gewesen als ein leeres Wort. In der Praxishaben sich die Regierungen beinahe niemals dem klarstausgesprochenenWillen der Majoritäten untergeordnet. Der Fall eines vor einerparlamentarischen Niederlage zurücktretenden Ministeriums hat sich inder Gesammtheit der großen und kleinen Bundesstaaten im Laufe dervierzig Jahre, daß sie Repräsentativkammern besitzen, vielleicht ein-oder zweimal zugetragen. Die Anschauungen der regierenden Fami-lien stehen in diesem Betreff ein für allemal fest. Es dünkt ihneneine empörende Ungeheuerlichkeit, an Stelle der souveränen Entschei-dung des Fürsten den Willen der Regierten setzen zu wollen. Nament-lich in Berlin hat das Königthum es stets für eine lächerliche An-maßung erklärt, daß man sich einbilden könne, ein preußischer Herr-scher werde sich seine Minister von den Erwählten des Volkes auf-dringen lassen. Welchen Sinn verband König Wilhelm damit, wenner, trotz dieser unbedingten Ueberzeugung, in seinen, freilich immerin den vagsten Ausdrücken sich bewegenden, Ansprachen erklärte, daßer die Verfassung treu beobachten wolle? Welches war, nach ihm, dieVerfassung, die ihm erlaubte, vier Jahre lang, ohne die Zustim-mung der Kammern, über die Steuern zu verfügen?

Seitdem die constitutionelle Verfassungssorm auf dem Papierexistirte, hatten sich die liberalen Parteien immer mit der Hoffnung