Als am Morgen des 8. Mai 1866 der Telegraph verkündigte, daßTags vorher fünf Revolverschüsse auf die Brust des Herrn vonBismarck abgefeuert worden, ohne ihn auch nur zu verletzen, liesmehr denn ein ehrlicher Mann Gefahr, über einem Ausruf ertapptzu werden, der vor dem Richterstuhl der strengen Moral nicht hättebestehen können, denn er beging eben jenes Gedankenverbrechen, welchesin der Zauberkunst des Mittelalters auf die Art ausgeübt wurde, daßman ein wächsernes Herz unter gewissen Formeln und Nennung derim Wege stehenden Person durchstach*).
Deutschland sah damals ein grausames Geschick über sich herein-brechen, ohne es einer andern Ursache zuschreiben zu können, als demFrevelsinn, ja dem frivolen Uebermuth, so schien es beinahe, eineseinzigen Menschen. War doch Preußen's Minister zweifellos der all-einige Anstifter des brudermörderischen Kampfes, dessen AnsbruchEuropa nur mit einem aus Entsetzen und Ungläubigkeit gemischtenGefühl entgegensah! War es denn zu fassen, daß die Söhne diesesgemüthlichen, friedfertigen Deutschlands übereinander herfallen sollten?Und warum? Um dem größten Feinde der Freiheit, dem Verfechter
*) Die Franzosen nennen es: tusr Is iVlsnäariii, in lakonischer Anspielung aufI. I. Rousseau's kasuistische Frage: Was würdest Du thun, wenn Dein Glück vondem Tod eines Mandarinen in China, also einem ganz Unbekannten und Entfernten,abhinge und der bloße Gedanke hinreichte, um ihn aus der Welt zu schaffen?
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