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Herr von Bismarck : Aus dem Französischen übertragen von K. A. Von dem Verfasser durchgesehen und bis auf die neueste Zeit fortgesetzt / von Ludwig Bamberger, Mitglied des Zollparlaments
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dürfniß oder aus naturphilosophischen Anschauungen von zwei-deutiger Korrektheit entsprungen sei. Der Glaube, daß ein Ge-danke, welcher als gereist und zweckmäßig von der allgemeinenVernunft einer Zeit einmal erfaßt ist, schließlich auch die Form derWirklichkeit anlegen werde, läßt sich auf mathematisch richtige Erschei-nungen zurückführen. Ist er doch im Grunde nichts anderes alsdie Umkehr des ganz praktischen Sprichwortes vom Krug der so langezum Brunnen geht bis er bricht. Was gebrechlich ist von Natur,für das ist nach Wahrscheinlichkeitsberechnung mit Durchschnittsgewiß-heit der Augenblick festzustellen, den es nicht überleben wird; wasaber einen lebensfähigen, entwickelungskräftigen Keim enthält, für dasläßt sich nach derselben Regel behaupten, daß es bei dem Beharrenebenso sicher einmal die Gelegenheit finden müsse zur Wirklichkeit sichdurchzubohren, wie umgekehrt jener Krug beim Beharren in seinerZerbrechlichkeit dem tödtlichen Anlaß schließlich nicht ausweichen wird.

Und dennoch ist auch wieder nichts so wahr, als daß die Dingesich nicht von selbst machen. Niemand hat das so sehr empfundenund bewiesen, als der Mann, welcher der deutschen Einheit einenWeg bahnte gerade auf der Seite, von der sie es am wenigsten er-wartete, der deutschen Einheit, die schon so lange und so laut alsvergeblich sich dem Trost überantwortet hatte, daß sie sich von selbstmachen müsse. Wäre es nicht im höchsten Grade merkwürdig, wenn,wie es doch den Anschein hat, auch dieser starke und vor sich selbstbewährte Realist gleichfalls der Abstraktion sein Opfer gebracht hätte