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Die wirthschaftliche Krisis / von Wilhelm Oechelhaeuser
Entstehung
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Zahlen für Beurtheilung der letzten Krise beibringen kann; alleinwir wagen die Voraussetzung, dass die hier niedergelegten An-schauungen ihre volle Bestätigung finden werden.

So erscheint die Einwirkung einer Krise vom Standpunkt desStaates, der Allgemeinheit, wenn man die Summen der Güter insAuge fasst und der Bilanz der Nation nicht die momentanen Preise,sondern die natürlichen Werte zu Grunde legt. Die Verschiebungder Besitz- und Einkommensverhältnisse hebt sich nämlich vom Stand-punkt des Staates in sich auf, und es bleibt als Nachtheil nur dieweit geringere Summe der vernichteten Werthe, vernichtet durchdie gestiegene Verschwendung und durch die Ueberführung massen-haften Capitals in unrentable Anlagen. Ganz anders gestaltet sichdagegen das Bild vom Standpunkt des Einzelnen; hier tritt dieerschreckende Einwirkung der Krisen in ihrem ganzen Umfang zuTage. Denn das enorme Steigen oder Fallen der Preise und Coursemochte, vom abstracten Standpunkt der Werththeorie, den Reichthiunder Allgemeinheit ganz unberührt lassen, allein für denjenigen,welcher zu den höchsten Preisen gekauft, zu den niedrigsten verkaufthat, welcher Geld in Anlagen gesteckt hat, die doppelt zu hoch be-zahlt wurden, überhaupt für jeden, welcher Gegenstände weit unteroder über ihren natürlichen Werth veräussert oder erworben hat,gestaltet sich das Verhältniss ganz anders. Hier treten die enormenPreisveränderungen in ihrer vollen reellen Bedeutung als Vermeh-rungen oder Verminderungen des Vermögens oder Einkommens derEinzelnen zu Tage, und wenn die Krise ihr Ende erreicht hat, zeigteine Vergleichung mit dem früheren Zustand vor ihrem Eintritt,welche kolossalen Verschiebungen von Reichthum und Armutstattgefunden haben. Unzählige Familien sehen ihren Wohlstandruinirt, ihre bürgerliche Existenz bedroht und gerade meistens solche,die entweder ganz unschuldig in Mitleidenschaft gezogen wurden,oder bei denen es am verzeihlichsten war, sich von den äusserlichglänzenden Verhältnissen täuschen und mitreissen zu lassen. LangeJahre der Sammlung und Ruhe sind nöthig, um solche Wunden imVolkswohlstand vernarben zu lassen, um die durch den Rausch undKatzenjammer verwirrten wirtschaftlichen Kräfte wieder zu ange-strengter, nützlicher Thätigkeit und zu nüchterner, vorurteilsfreierBeurtheilung der Lage zurückzuführen.

Wir haben mit vorstehenden allgemeinen Betrachtungen gleich-zeitig schon das Bild der im Verlauf begriffenen Krisis in ihren all-gemeinen Zügen gegeben, die in der That eine rein Wirtschaft-