Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1782)
Entstehung
Seite
619
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i.Kap. Allgemeine Grundsätze. §.i. 619

terschieden, und erst durch die Anwendung und Aus-bildung dieser Fähigkeit nach und nach zu klaren unddeutlichen Begriffen gelangten.

Die erste menschliche Sprache war daher eineungeschlachte Nachahmung der Naturtöne ohne alleVerbindung; daher sie eigentlich nichts hörbar aus-drucken konnte, was sie nicht hörbar empfunden hat-te, und es nicht anders als ohne alle Verbindungausdrucken konnte, daher Minen und Geberden dasChaos unförmlicher Laute zusammen reihen mußten.So auch der erste Versuch zu schreiben. Man stell-te die Umrisse der vornehmsten Figuren, welche denGegenstand der Rede ausmachten, neben einander,und ersetzte das übrige durch Worte, oder ließ es er-rathen. Die erste Sprache war rohe Natur - Musik,und die erste Schrift plumpe Mahlerey, welche folg-lich auch nichts sichtbar ausdrucken konnte, was nichtsichtbar empfunden war. So sehen Sprache undSchrift auf ihrer ersten Staffel, in ihrer erste»Kindheit aus.

Allein beyde sind in diesem Zustande äußerst ein-geschränkt, weil sie keine andere als tönende und sicht-bare Gegenstände, folglich zwar den Grund allerunserer klaren Begriffe, aber zugleich auch nur einensehr kleinen Theil derselben darstellen konnten. Dieimmer fortschreitende Kenntniß und Cultur verfolgtedaher den Weg, weichen ihr die Natur selbst vor-gezeichnet hatte, und lehrete den Menschen, in An-sehung der Sprache, die nachgeahmten Naturtöneals hörbare Zeichen anderer Gegenstände »nd Be-griffe zu gebrauchen, welche zwar nicht selbst töne-ten, aber doch mit dem tönenden Worte einig? Ähn-lichkeit hatten. Der Laut, welchen der in der Nähevorbey fahrende Dliy m der Luft verursacht, der

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