6z4 2. Th. Von der Orthographie.
anderer zu seyn, als weil man an die alten Zeichenschon zu sehr gewöhnet war, als daß man sich ent-schließen konnte, die unbekannten neuen aufzuneh-men; oder vielmehr, die rauhe Fränkische Mundartward um diese Zeit noch sehr wenig geschrieben,weil alle öffentliche Ausfertigungen, um der Über-wundenen willen, in lateinischer Sprache geschahen,und die rohen ganz auf den Krieg und die Jagd ge-stimmten Franken schrieben sehr wenig und sparsam.Der Befehl ging also eigentlich die Gallier undübrig gebliebenen Römer an; allein diese warenfthon zu sehr an ihr Lateinisches Alphabet gewöhnet,und da sie das Fränkische vermuthlich nicht oft zuschreiben Gelegenheit hatten, fo konnten sie auch vonder Nothwendigkeit dieser Neuerung nicht so lebhaftüberzeugt werden. Ob nun gleich Chilperiks neueBuchstaben ihr Glück nicht machten, so hals sich dochdas Bedürfniß sowohl i» Ansehung der gedachtenLaute, als auch anderer ähnlicher, in der Folge aufandere Art. Es ist merkwürdig, daß ein Volk, wennes die Unzulänglichkeit der angenommenen Schrift-zeichen in Ansehung mancher Laute fühlet, und esnur erst zu einigen Graden des Geschmackes gebrachthat, immer lieber zusammen gesetzte Zeichen wählet,als daß eS neue erfinden, oder auch nur schon be-kannte Figuren aus andern Alphabeten annehmensollte, weil doch diese nie das gehörige Verhältnißzu den alten Buchstaben haben können. Und dießstand denn auch wohl den neuen Buchstaben Chil-periks im Wege, weil sowohl die gesitteten Gallier,als auch die in Gallien übrigen Römer zu viel Ge-schmack besaßen, als daß sie sich hätten an die dreybarbarischen Schristzeichen gewöhnen können, unddoch waren, auö den schon angezeigten Ursachen, sie esvornehmlich, welche Chilperiks Befehl anging.
Zwar