i.Kap. Allgemeine Grundsätze. §.2. 6z->
Zwar modelten die longobarden, Angelsachsen undandere barbarische Völker mehr, wenn sie die latei-nischen Schriftzüge annahmen, dieselben nach ihrerSprache, und wählten für manche laute einfacheZeichen; allein, wenn sie e6 in der Cultur bis zurAusbildung des Geschmackes brachten, so verließensie dieselben auch allemahl wieder, und wählten dafürlieber zusammen gesetzte Zeichen aus dem RömischenAlphabete, so unschicklich es auch manchen scheinenmag, einfache laute mit zwey und drey Zeichen an-zudeuten.
Ich habe mich bey diesem Umstände ein weniglange aufgehalten, weil auch unter uns selbst noch inden neuern Zeiten Vorschläge zu Einführung neuerBuchstaben geschehen sind, ohne sich durch so vielemißlungene ältere, und selbst von Monarchen ge-schehene ähnliche Versuche abschrecken zu lassen, oderzu bedenken, daß in unsern Zeiten, wo der gute Ge-schmack weit allgemeiner ist, alle die Ursachen, wel-che der Aufnahme neuer Schriftlichen in dem Wegestehen, uuendlich stärker wirken, als in den vorigenJahrhunderten. So dunkel auch dasjenige Gefühlist, welches wir den Gefchmack nennen, so unwider-stehlich wirkt es doch, wenn sich eine Nation dasselbeeinmahl erworben hat, so unwiderstehlich, daß alleübrige grammatische und etymologische Convcnienzendemselben nachstehen müssen.
Die Franken nahmen das lateinische Alphabetso an, wie sie es in der Curreut-Schrift ihrer Zeitin Gallien eingeführet fanden, folglich nach allen den-jenigen einfachen Buchstaben, welche in derselbenüblich waren; obgleich die einzele Anwendung der-selben mehrere Jahrhunderte hindurch schwankendund unbestimmt war. Diese Erinnerung ist darumnothwendig, weil man in ältern und neuern Zeiten
manchen