achtbare Handelsstand zu Stettin zuerst angefangen, die Aktienauszuschreiben, auf welche der neue Weltglaube gegründet werdensoll. Der Magistrat von Magdeburg , unterstützt von den Esche-ner Lichtfreunden, ist würdig nachgefolgt und hat auf fünf Jahreaus Communalmitteln, wozu natürlich die Magdeburger.Romlinge" mitbeisteucrn müssen, jahrliche 400 Thlr. für einennoch anzustellenden „deutsch-katholischen Geistlichen" ausgeworfen,damit der Mann Brod habe, wvhlgemcrkt, wenn sich einer findet.Potsdam und sein Magistrat hat nicht wollen zurückbleiben nnddarum eine von dem Garnison - und Hofprediger Sydow in sal-bungsvoller Liebseligkeit redigirte Adresse, die nichtsdestoweniger inüberzuckerter Lieblosigkeit so ganz verstohlen 4000 katholische Mit-bürger ohrfeigt, an den Schneidemühler Neu-Licht-Krämer abge-schickt. Wie konnte nach solchen Vorgängen und Beispielen unserBerlin , der Sitz „des Fortschrittes, des Lichtes, der Geistcsfreiheit"ohne ein Lebenszeichen gegen alle diese zurückstehen? Also; —wirklich haben wir in unsern Zeitungen, das Jntelligcnzblatt nichtausgenommen, eine Aufforderung gelesen, mit einem voranstellen-den Bibeltexte hübsch-sittig verbrämt, die alle christlich Den-kende (!) aufruft, mit Geldbeiträgen dem „neu erwachtenLeben in der katholischen Kirche ' (sie) unter die Armezu greisen. Das Aufgebot zu diesem Glauben auf Acticn warunterschrieben, und das ist der für die Katholiken einzig bedeut-same und bedenkliche Punct bei der ganzen Komödie, von demGeheimen Negierungsrath v. Naunyn, der zweiter Bürgermeistervon Berlin ist, von 10 Stadträthen, 7 Stadtverordneten, vonim Amte stehenden Regierungsbeamten, dienstthuenden Ofsicicren,Professoren der Universität, Gymnasialdirectoren, lauter Protestan-ten, versteht sich, die alle das neu entglommene Licht in der katho-lischen Kirche kräftig anfachen wollten, auf daß es nicht erlösche.Denn diese Gefahr drohte in der That, und machte so gewaltigeAnstrengungen nöthig, sintemal von den beiläufig 25,000 Katho-liken Berlins , deren Seelsorger nur fünf an der Zahl sind, unddarum bei der größten Anstrengung offenbar nicht immer auf dieeinzelnen Gemeindegliedcr in erwünschter Weise einzuwirken Zeitund Gelegenheit haben, ungeachtet dieses Mangels geistlicher Stützenur 41 Schneidemühlisch geworden waren, von denen dann aberspäter 13, die noch einen Funken Glauben in sich hatten, dmchdie Dazwischcnkunft der hiesigen Geistlichkeit wieder zu „Römlingen"umgewandelt wurden. Ueberhaupt kann der Eifer unsrer Geistlichenund unter ihnen namentlich des Herrn Cavlans Ruland, nicht ge-nug gerühmt werden.
Weil dem neuen Glaubenslichte das katholische Oel immermehr ausging, sind, um es zu speisen, die Protestanten hinzuge-treten, unter denen manche sich freuten, so leichten Kaufes katho-lisch wndcn zu können, ohne Papst und ohne Beichte, und habendie Zahl 400 voll gemacht. Darauf hat denn unser wohllöblicheMagistrat in Anbetracht des ncucrwachten katholischen Lebens dersogen, christkatholischcn-apostolischc» Gemeinde die Aula des grauenKlosters zu ihren gottesdicnstlichcn Versammlungen überwiesen. EinStadtgcrichts-Auscultcitor Müller war in Ermangelung des Nongeund Czcrski am Charftcitage und den Ostertagen der Pontifcr.Man sang: „Hier liegt vor deiner Majestät" und andere Gesängeunsers nicht neu-, sondern altkatholischcn Gesangbuches, die manunter dem Titel: „Lieder der christkatholischen Gemeinde zu Berlin "gedruckt, vertheilte. So stehen die Sachen jetzt; und wie steht undstellt sich zu ihnen die hiesige katholische Gemeinde? Fürs Erstefragt sich dahtcr auch der sanftmüthigste Katholik: Ist bei einemsolchen Treiben bürgerliches, friedliches Zusammenleben möglich? —ferner: Gibt eö in unserm Staate Gesetze gegen Prosclytcn-,
machcrei, oder betrifft ihre Anwendung immer nur Katholiken?Sind die Tractate des westphcilischcn Friedens, die Bestimmungendes Reichs-Deputativns-HauptschlusscS, die Worte, die bei derAccmisition katholischer Provinzen gesprochen wurden, immer nochbindend und gültig im deutschen Vaterlande oder nicht, odergelten sie zwar noch für Alle, nur nicht für die Katholiken undkatholisches Interesse? Das sind einzelne Fragen, die sich miNothwendigkeit dem Katholiken aufdrängen, wenn er die Sachenhier ihren Fortgang nehmen sieht in einer Weise, als wären sieauf dem rechtlichsten Grund und Boden erwachsen. Heutez. B. Wird in der Vossischen Zeitung öffentlich angekündiget, daßder „Pfarrer" Nonge morgen, Dominica in alliiz, in derAula des grauen Klosters den Gottesdienst halten würde, nachwelchem die Taufe mehrerer Kinder vorgenommen werden solle.So läßt man die Sache hier gehn, man läßt Pfarrer crcircnund so sich nennen, Amtshandlungen vornehmen ohne Widerspruch,man läßt Bürgermeister und Stadträthe ruhig ihre katholischenMitbürger verletzen, Staatsbeamte jeder Gattung Theil nehmen,duldet den Titel „christkatholische Gemeinde," obgleich die be-stehenden Verträge in Deutschland nur eine einzige katholischeKirche kennen. Wie gesagt, so schreiten die Sachen hier vor-wärts, aber ihnen gegenüber steht die katholische Gemeinde da wieein Mann mit dem entschiedensten katholischen Bewußtseyn. Siehat auf alle jene Wühlereien nur durch Thaten geantwortet, dasist das Zweite in der von ihr angenommenen Stellung gegenjene feindseligen Demonstrationen. Sie hat nämlich 1) wie be-kannt eine Dankadresse an den Hochwürdigstcn Bischof Arnoldi ab-geschickt, die aus der Mittelklasse hervorgehend ohne irgend einenAnstoß von Seite der Geistlichkeit, und mit 1000 Unterschriftenvon Familienvätern versehen diesem Kirchenfürsten zeigte, daß diekatholische Gemeinde in Berlin katholisch sey. Sie hat 2) andem Bomfacius-Denkmale sich bethciliget, wodurch wir hoffentlichmit Gottes Hilfe für Spandau endlich zum Ziele kommen. Siehat 3) in den letzten hl. Tagen eine Theilnahme am Gottesdienstegezeigt, die früher hier nicht vorgekommen. Bei der Prvccssionam Gründonnerstage z. B. (innerhalb der Kirche, versteht sich),welcher sich in den früheren Jahren kaum der Eine oder Andereangeschlossen hatte, zählte man jetzt über 0V Wachskerzen und ebenso viele Träger aus den höchsten Ständen. Am Charfreitagc,wo die Kirche so angefüllt war, daß die Menschenmassc bis aufden Opernhausplatz, also quer über die Straße weg, hin-ausstand trotz des schlechten Wetters, konnte die Menge derer,welche dem heil. Scicramcnte folgen wollten, sich nicht entwickelnwegen Mangels an Raum. Diejenigen deßhalb, welche nicht pro-ccsfionswcise hinter dem heil. Sacramente die Kerze in der Handihre Ehrfurcht bezeigen konnten, bilvcten Spaliere mit den flam-menden Kerzen vom Hochaltare ab durch den Mittelgang hindurchum die Kirche herum an den Seitcnwändcn. So wurde denndas hvchwllrdigste Gut einhergetragcn durch die gepreßt volleKirche, gefolgt von zweien Fürsten, von unsern höchsten katholi-schen Staatsbeamten ohne Ausnahme, von den hier verweilendenkatholischen Grafen, Ofsiciercn, den angeschensten Bürgern, demKirch-Kollegium u. s. w. Ich habe mit meinen eignen Augengesehen, wie alten Soldaten die Thränen religiöser Rührung inden grauen Schnurbart hinunterliefen. Dieses sind die erfreulichenund segensreichen Wirkungen jener erbärmlichen Machinationen.Denen, die Gott lieben, gereichen alle Dinge zum Besten. (Münst.SonntagSbl.)
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