heimisch anziehend, oft fast unhcimisch einschlagend in die irdischeGemeinheit. Darüber war ein unwiderstehlicher, schwärmerischerZug von himmlischer Anmuth und Gcsühlsschwclgcrci auSg-gössen,wie sichtbares Glühen der ticsinnc sten Feuerwcll in der bewegtenSeele, all' ihr Seyn, alle ihre Bewegungen vergeistigend, i!?reschlanke Gestalt mit Urbcnnacht nach oben ziehend. Und was derpersonliche Ausdruck äußerlich darstellte, war als bewegendes Mo-mcnt im reichlichsten Maaße in ihrer schönen Seele vorhanden.Abgeneigt dem RcchnungSwcsrn dieser Welt, ohne Sinn für das,was auf Erden Nutzen und Vortheil heißt, hing sie mit überströmender Empfindung, mit der ganz eigenen Frühreife ihresGeistes an den zarten Bildern ihres frommen Herzens, mit allenRegungen ihnr Zuneigung hingezogn» zu ihrem gleichgestimmtenBater, in dieser Richtung nicht einmal begünstiget von ihrer Mut-ter, die ein weltgcmäszercS Eingehen in die Erwcrbjcite des Lebensvon beiden forderte. Floriani hatte bci aller, Frömmigkeit ausseinem jugendlichen Künstlnlebcn die laute, lnstige Weise behalten,die wir im Kunstlcbcn von Italien noch jetzt antreffen, am bestengeschildert im Dccameronc des Boccaccio, und im Leben des Be-ncvennto Cellini, fast eben so reizend für geniale Geister, als an-gefochten vom Ernste d>r berechnenden Wcltklngheit. In allenarbeitsfreien Stnnden, besonders an Sonntagen, zog cS ihn in'SFreie zn Spiel nnd Unterhaltung mit glcichdenkcndcn Freunden imsüßen Leichtsinne eines warmen Blutes bei allem Aufwende vonGeist und Kunstschwärmerci, bald auf die Höhen von Jsera zurSpende des berühmten WcinS, bald nach Ballung« im Hinter-gründe des VolanerthaleS zn Jagd und Vogelfang, bald auf dieNuincu von Marco, um dem Liebling aller Nünstlcr, d-m großenDante, eine Libcition darzubringen. Dieses zerstreute, wcltgcmeineAuffliegen aus der geistigen Frcnde der Einsamkeit mißbilligte diezarte Tochter an ihiem Vater, sie wars sich oft weinend in'sGebet, nm den Sinn desselben zu wenden, Sie wurde ausSchmerz darüber tödtlich krank, alle Hoffnung des Lcb,ns schienverschw enden. Der Vater, seine Tochter nnendlich liebend, ver-lor alle Fassung, er meinte sterben zu müssen mit ihr. In dergrößten Bestürzung warf er sich in einem Nebenzimmer vor einKrenzbild nieder, nnd gelobte mit lantcr Stimme sich zu bessern,wen» ihm Gott das Leben seines liebsten Kindes schenken würde.Die Erhörung blieb nicht lange aus, Giovanna gesundete, undder Vater hielt Wort. Er schloß sich mit der frömmsten Innig-keit an die Unschuld seiner Tochter an, weinend, betend, betrach-tend mit ihr in heiliger Einsamkeit. Das früher in tausend Strah-len nach eitler Wcltlust auswä.tS ergossene Leben kehrte mit ge-sammelter Ucbcrmacht in sein edleS Selbst znrück, nnd trieb denschönsten Spätfrühling heiliger Tugenden in'S Daseyn. „O Wareich frei, ' rief er oft ans, „ich zöge mich in die tiefste Einödezurück, die Sünden meines vorigen Lebens zu beweinen!" Amliebsten redete er mit Giovanna vom Leiden Christi, beide weintenoft herzinnig zusammen über die TvdeSpcin ihres Gottes, und diesesüße Uebung gründete in der Tochter jene Krcnzcslust, die sichgcröthct vom Blntc des Erlösers tugcndfreudig durch ihr ganzesLeben zog. Abends gingen sie mit einander spazieren, anschauenddie Wundcrbildcr der südlichen Alpcnwclt, die der Vater als Malerso ost stndirt, mit andächtigem Kunstsinne aufsteigend zur höchstenSchönheit, welche Gott selber ist, weilend, ruhend in ihm mitallen zarten Emvsindnngcn ihrer Seele. Saß der Vater arbeitendan der Staffelet, so las ihm die Tochter vor, mit heiliger Be-geisterung nährend seine Seele, alle genialen Funken hcrvorlockendin'S Bild. Sie selbst gewöhnte sich durch diesen innigsten Verkehrvon frühester Jugend auf mit allen erwachenden Fähigkeiten an
das Schöne in Gott, in der Natur und Kunst, und steigerte aufdiesem Weqe ihre ohnehin empfindsame, ideale Geisteerichtung zurhöchsten Feincmpsindung, die mit unerbittlicher Kraft alles Häß-liche und Schmutzige von sich stieß. Und diese Geschmacksbilbungwirkte mit übermäßigem Gewichte auf ihr Inneres zurück, mitIdeale» füllend ihre Seele, alle Gemeinheit verdrängend, dasmoralische Zartgefühl ausbildend. Aus dieser Quelle floß derAdel ihrer Phantasie, die sich später in so kühnen Bildern überdie hei igstcn Partien des christlichen Lebens ergoß. Sie verlorschnell nach einander ihre liebsten Geschwister, und stand am Endeallein bei ihren betagten Eltern als ihre letzte Stütze, ihre ein-zige Lebensfreude, bei allem Ucberdrange ihres Herzens nach demUebersinnlichcn doch keineswegs gesonnen, dem Ehestande zu ent-sagen, wegen ihrer Schönheit und Bildung fortwährend das Zielvieler Bewerber, in der ganzen Stadt mit Achtung genannt alsreine Jnngfrau, deren Wesen das Vorgefühl außerordentlicher Zu-stände wach erhielt, ost in der äußerst empfindlichen Schwebe ihresAlters nicht ohne tiefe Neige zu den erla.bten enden dieser Welt.In dieser gefahrvollen nnd cntlcheidcndcn Periode ihres Lebenserschien der berühmte Laienbruder Fra Tomaso von Bergamo inRvveredo, aus Italien nach Deutschla.id ziehend zur Steuer derkatholischen Wahrheit. Er hielt sich längere Zeit daseist im Klo-ster seines Ordens auf, und erkannte veim ersten Anblicke denhöhern Beruf der hochbegabten Jnngfrau, mit jenem Scheraugcder innern Welt, das die verwandte GottcSslammc in befreundetenSeelen leicht durchschaut. „Der liebe Gott sucht dich," rief erihr zu, „um dich der Zahl seiner gclicbtestcn Bräute einzureihen,und wenn du mit der unendlichen Liebe deines liebenswürdigstenHeilandes mitwukest, so wirst dn von ihm große, unMli>ze Gna-den erhalten." Giovanna fühlte sich bewegt, aber nicht bewogenzum Ueberttitie von ihren Weltgcdanken in'S jungfräuliche Gebieteiner Braut Christi. Aber Brnder Tomaso ließ nicht ab, einganzes Jahr kam er regelmäßig jede Mittwoche in ihr HauS, undmunterte sie auf, den letzten Ansatz von Wcltsinn für den Erlöserfreudig abzuschälen, während er daheim unaushörlich weinte undbetete für ihr Heil. Diese Beharrlichkeit verletzte ihre noch nichtganz erloschene Eitelkeit, sie faßte ailmälig einen unüberwindlichenAbscheu gegen den Zudringlichen, und hätte gewünscht, sich seinerlästigen Gegenwart ganz entziehen zu können. Der GotteSmanndurchschaute die Gedanken ihres Herzens, und sprach voll heiligenEiscrs: „Mag die ganze Hölle sich widers.tzcn, JesnS hat dich zuseiner Braut erkoren, er achtete deine Undankbarkeit nicht, er willund muß dich gewinn,n!" Mit diesen Worte-, verließ er Novc-redo, und zog gen Innsbruck . Mit Giovanna'S Nuhe war's nunauS, eine mahnende, mit Fra Tomaso einverstandene Stimme warin ihrem Innern wach geworden, die ihr Tag und Nacht keineNnhe ließ, »!>d alle Seclengründc unheimlich machte; sie bekämpftedieselbe mit aller Macht, mit der Aufopferung ihrer frischen, blü-henden Gesundheit, sie siel zusammen wie eine angenagte Blume,Ängst und Mißmuth legten sich hcrzbcdrückend um ihr Daseyn.Sie suchte Zerstreuung, das sonst so gehaßte Allerwcltsleben, aberder Athem war ihr zu knrz, banges Herzklopfen pochte ihr intiefster Brust, trostloser Sckel an allen Dingen erfüllte sie mitFurcht vor dem Gerichte ihrer eigenen Innerlichkeit. So schlepptesie ihr müdes Daseyn ein ganzes Jahr weiter, freudelos, wachsendim verstockte» Sinne zur Vergrößerung ihrer Scelcnqual. Alssie aber einst ein frommes Mädchen erblickte, das den Ermahnun-gen des Fra Tomaso willig gehorsamt »nd sich ganz Gott geweihthatte, änderte ein geheimnißvoller Druck auf den Mittelvnnct ihresLebens auf einmal ihr ganzes Wesen; in Thränen ansbrcchcnd,