Ausgabe 
5 (27.4.1845) 17
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flog sie der Glücklichen in die Arme, pries sie selig um ihres ^muthigen Sieges willen, und konnte nichts anderes als das Gleiche ^wollen. Mit der Heftigkeit ihres zarten, reizbaren Charakters stürzte!sie in die tu'istc Einsamkeit zurück, weinend über die Sünde der jVerstockung, sich lossagend von jeder lockenden Aussicht dieser Welt. ^

Nach dieser glücklichen Aenderung ergoß sie sich in Gebetenund Amnuthungcn zu Gott . Sich zu Bette legend dachte sie sichim Geiste in den Garten des Oelbergcs an die Seite des ver-lassenen, blutschwitzcnden Erlösers, oder an'S Kreuz ihres gepeinig-ten Bräutigams, und seufzte:Nur deshalb will ich meinen mü-den Gliedern einige Ruhe gönnen, um meinem lieben Gott meinenGehorsam zu beweisen!" Liegend auf der linken Seite küßte siein frommen Gedanken die Wunde seiner rechten Hand, ihre Seelein dieselbe empfehlend, ihn beschwörend bei den Schmerzen duserhochheiligen Wunde, daß er sie ja gewisz auf die rechte Seite zuallen Auserwähltcn stillen möge. Ruhend auf der rechten Seite,empfahl sie sich und alle Frommen dem blutenden Heilande amKreuze, küssend sein heiliges Herz, flehend um Beharrlichkeit imGuten für Alle. Wenn sie die Füße bewegte, so fiel sie mit derreuige» Magdalcna zu den Füßen Jesu nieder, weinend über ihreSünden, den Erlöser bittend, daß er sie leite auf der schlüpfrigenBahn der Tugend. Sie legte sodann stets ihre Hände in Kreu-zesform, und flüsterte zu ihrem Geliebten, daß er ihr Ruhe ge-währen möchte wie seinem Jünger Johannes an seinem göttlichenHerzen, betend zugleich für alle heiligen Seelen, die ihre jung-fräuliche Reinigkeit Gott aufgeopfert hatten. In der Nacht ausdem Schlafe erwachend, schämte sie sich tief, wenn sie die Heim-chen, Grillen und Zikaden singen hörte, wachend und lobnid ihrenGott, während sie gcsolafen, und stieg mit ihren Nachtliedernlobend und singenv zu ihrem Schöpfer auf. Sie wendete sich mitden feurigen Glulhen ihrer Se.le an alle Stimmen der Natur,an alle Laute der Thiere, an alle Töne der Menschen, daß sie imstürmenden Zusammenklänge einfielen zu loben und zu preisen ihrenGott, den Urheber alles Lebens unv Scyns, rauschend auf denFlügeln dcS SturmwinveS, lispelnd im Hauche der Abendlust,leise sich regend als GotteSwort im Herzen der Menschen.

Sie richtete eine kleine Zelle ihres elterlichen Hauses zurEinsiedelei ei», und zog sich in allen freien Stunden in die Stillederselben zurück, seufzend wie eine Turteltaube am Stamme desheilige» Kreuzes.

Mittlerweile war Bruder Tomaso in Innsbruck gottselig ge-storben, mit seinem Tode besiegelnd das Wort an seine SchülerinGivvanna. In einem Briefe, den er kurz vor seinem Tode anNathshcrrn Echer in Roveredo geschrieben, sagt er:

Ucbergcben Sie sich ganz Ihrem Gott, Ihrem höchstenGute. In diese Gnadcnsülle möge Sie Gott ganz einsenken,und kein anderes Licht leuchte Ihnen als daö himmlische, Sieselig einzuleuchten in die ewige Freude." Diese letzten Worte desSterbende», dieses Vermächtniß des Todten an die Lebendigen,machie ans Giovcmna's Geist und Herz den nachhaltigste» Eindruck,sie spornend auf dem Wege des Heils, gedcnkenv ihres verklärtenFreundes. Die außerordentlichen Wirkungen ihrer GottcSlicbe,schon lange i» leisen Anzeichen lebendig, stiegen cillmälig Hellerauf, wie leuchtende Blitze in'S schwüle Leben der Erde zuckend.Sie wurde in ihrem einsamen Holzkämmerlein oft so gewaltig ent-zündet von der Liebe zu Gott, daß ihr der enge Raum des Ge-maches krampfweckcnd auf die LebcnSgefäßc wirkte, daß sie durchunsichtbare Gewalt aus ihrer Beklemmung gerissen, trunken undvoll von ihrem Erlöser, schwebend, tanzend durch die Gänge desHauses sang und jubilirte, mit lauter Stimme ihren Bräutigam

lobend und preisend. Die Mutter, schon lauge iibcl gestimmtdurch die unweltförmigc Geistesrichtung ihrer Tochter, platzte heftigwie sie war mit Vorwürfen aller Art i» diese AuSbrüche derGvttcSliebe herein, schalt sie eine Närrin, und schüttelte sie gleich-sam aus ihrer Verzückung. Aber ihr Vater milderte die Eingriffeder Mutter, mit der verzückten Tochter einstimmend in den Preisder göttlichen Liebe, oft selbst ganz cingeschlürft in die Wonneneiner höher» Welt. Giovanna selbst war nach jedem Erwachenaus diesem jubilircndcn Zustande tiesbeschämt, »»endlich verlegennnd fast verzagt.O mein Gott!" seufzte sie,Deine göttlicheWeisheit kann ja in mir wirken ohne diese äußern Zeichen! Si hstDn nicht, daß ich meine Mutter dadurch erbittere uud kraule?"Sie drängte sich mit Gewalt in sich zurück, ankämpfend gegen dasNauschcn und Einströmen des göttlichen Geistes, »m ihr Licbcs-glück zu verberge», aber mächtiger als alle menschliche Vorsichtstürmte der innere Liebcsdrang, es barst ihr cinmcil in diesem un-natürlichen Widerstreben eine Ader in den Atbcmgängc», großeBlutströmc entleerten sich gewaltsam, sie fast erstickend, eine langeKrankheit hätte sie bald getödtct, nnr mit Mühe entging sie demfrühzeitigen Grabe. Damit fing auch ihr Kränkeln an, das sielebenslang marterte, und erst mit dem Tode aufhörte, als dieeingepreßte Flamme den engen sterblichen Leib verließ, um in Gott,ihrem wahren Elemente, zu glühen. Sie bändigte sich selbst mitWachen, Fasten und allerlei Abtödtung, sie kein Fleisch, trankkeinen Wein, und genoß überhaupt wenig, oft wochenlang fastgar nichts bei unaushöilichcm Brechreize und empfindlichen Magcn-schmcrzcn. Fast noch zerstörender als Ueberdrang der innern Got-teStrast wirkte das Bewußtseyn der frechen Wcltsündc auf ihrGemüth und die zarten Fühlseiden ihres LeibcS ein. Die letztenFaschingstage kam stets unnennbare Trostlosigkeit über ihre Seele,eine Düire des Geistes, die alle gute» Gedanken, alle Empfin-dungen der göttlichen Liebe vertrocknete. Ein marterndes Fieberbefiel sie, alle Lebenskräfte gewaltsam niedcrcrrbeitcnd, so daß siean der Aschermittwoche abgezehrt, tvdtcnblaß von ihre»! Schmer-zenslagcr erstand, unendlich froh, daß sie leiden konnte für dieSünden der Welt. (Schluß folgt.)

Schweden und Norwegen .

Stockholm , 2, April. Zufolge Norwegischer Zeitungenvom März ist von Seiten der Norwegischen Regierung eine Pro-Position über NeligionS- nnd Gewissensfreiheit an dasso eben versammelte Storthing gelangt, und ma-r ist sehr begierigzu erfahren, wie sich dasselbe dieser interessanten Angelegenheitgegenüber benehmen werde. Die Propvsition der Regierung zeigt,vorausgesetzt, daß man nur die scandinavischc Erstarrung in spiri-tuellen Dingen in Betracht nimmt und keine Vcrglcichung anstelltmit anderen Ländern, eine liberale Gcsin»ung. Sie lautet näm-lich dahin: l) daß jedem Mitbürger freigestellt seyn solle zueinem anderen christlichen Religionsbekenntnis; als jenem derStaatskirche (der lutherische») sich zu halten, ohne andere Folgen,als daß er im Abwcichungssalle, als Disscntcr, zu Staats-ämtcrn unfähig sey; 2) daß eS (mit denselben Folge» fürdie Kinder im abweichenden Falle) den Eltern in gemischten Ehenzugestanden seyn solle, ihre Kinder in welchem christlichen Bekennt-niß sie wollen zu erziehen. Zusolge derselben Berichte will manvoraussehen, daß zwar das Storthing in die Proposition der Ne-gierung rückfichtlich des ersten Punctes eingehen werde; der zweitePunct aber einige Discnssion veranlassen dürfte.

Vergleicht man nun diese Norwegische Toleranz mitunscrcn Vorgängen in Schweden , so muß man billigerweise