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England und Deutschland / von Prof. Dr. v. Schulze-Gaevernitz
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gestellt zu dem Versuche, die in ihm vorhandenen Keimedes sozialen Neuaufbaues zu entwickeln.

Auch öffentlich hat Carlyle seine Stimme zugunstenDeutschlands erhoben. Man erinnere sich, daß mit dervölligen Niederlage Frankreichs die britische Volksstimmungscharf gegen Deutschland aufwallte, insbesondere alsDeutschland auf territorialer Abtretung bestand. Zu derZeit, als die Wogen der Entrüstung in England am höchstengingen, veröffentlichte Carlyle seinen vielbeachteten Briefan die (vorn 11. November 1870): die Fremdherr-

schaft, welche Napoleon in Deutschland aufrichtete, sei nichtder erste, sondern der letzte Akt einer Reihe von Miß-handlungen gewesen, die Deutschland von Frankreich er-litten habe; darum sei Deutschland in vollem Recht, seineGrenze zu befestigen; die Zurücknahme des Elsaß undLothringens werde nicht nur für Deutschland , sondern füralle Welt zum Heile ausschlagen, sogar für Frankreich .Bei dem Einfluß, den Carlyle damals auf seine Landsleutcausübte, hat er uns einen schwerwiegenden Dienst ingefahrvoller Zeit geleistet.

Seit jenen Tagen hat das offizielle England das DaseinNeudeutschlands mehr oder minder willig anerkannt. Zwarschrieb Bismarck bereits 1857:England kann uns keineChancen maritimer Entwicklung in Handel oder Flottegönnen und ist neidisch auf unsere Industrie." Aber dieseMißgunst fiel in den siebziger und achtziger Jahren politischnoch wenig ins Gewicht. Zu Bismarcks Zeiten warenDeutschland und England sich gegenseitig Faktoren zweitenRanges. Deutschland warbefriedigt" eine europäischeGroßmacht auf vorwiegend agrarer Grundlage.

Diese für England sehr bequeme Auffassung wurdedurch den englischen Freihandel erleichtert, der das damalsschon vorhandene Ausfuhrbedürfnis der deutschen Industriezu sichern schien. Hierzu kam die handelspolitische Meist-begünstigung auf dem Boden der britischen Kolonien, derenDeutschland sich damals vertragsmäßig erfreute. Durchseinen Freihandel hat uns England mehr genützt, als