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England und Deutschland / von Prof. Dr. v. Schulze-Gaevernitz
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Ländern die Bedingungen ihrer Fruchtbarkeit, es hat dieSchlachtfelder von Leipzig, Waterloo und der Krim bereitsnach Knochen umgewühlt, die in den Katakomben Siziliens angehäuften Gebeine vieler Generationen verbraucht undzerstört jährlich noch die Wiederkehr einer künftigen Gene-ration von 31/2 Millionen Menschen; einem Vampyr gleichhängt es an dem Nacken Europas." Heute steht Deutsch-land in der Anwendung künstlicher Düngemittel allenLändern der Welt voran. Bei einem Weltverbrauch anChilisalpeter von 1400 000 To. im Jahre 1905 kamenauf Deutschland allein 515 000 To., dagegen auf Frank-reich nur 245 000, auf Großbritannien nur 100 000 To.Die deutsche Landwirtschaft hat 1902 über eine MillionTonnen an Kainit und anderen Kalidüngesalzen ver-braucht; dagegen betrug die Ausfuhr nach den VereinigtenStaaten nur 251000, nach Großbritannien 36 000, nachFrankreich unter 25 000 To. Ziffern, die zugleich denVerbrauch dieser Länder darstellen, da Eigenproduktionnicht vorliegt. Ähnliches gilt vom Thomasmehl, demwichtigsten Phosphat. Beide Dungstoffe sind recht eigent-lich Erzeugnisse des deutschen Bergbaues und des deutschen Eisengewerbes und finden bislang im Auslande nur wenigVerwendung. Noch ehe Chilis Salpeterlager erschöpftsind, geht Deutschland daran, der Luft und der Wasser-kraft unerschöpfliche Salpeterschätze zu entnehmen unddamit die Stickstofffrage der landwirtschaftlichen Statikdurch die chemische Industrie zu lösen.

Vom deutschen Standpunkte aus ist diese industrialistischeEntwicklung zu bejahen trotz der Gefahren, die sie insich schließt Gefahren geistiger wie politischer Natur.

Ein Land Heer allerersten Ranges, welchesuns im Notfall gegen zwei Großmächte verteidigt, ist beider Unsicherheit aller Bündnisse und den Gefahren unserergeographischen Lage die wichtigste Forderung unseresnationalen Daseins. Auf schmaler Fläche zusammenge-drängt, ohne Neuland, nicht übermäßig reich an Natur-schätzen verdanken wir lediglich der industriestaatlichen

England und Deutschland. 8.