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England und Deutschland / von Prof. Dr. v. Schulze-Gaevernitz
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Frage ersten Ranges ein Verhältnis sowohl derInteressengemeinschaft, wie des Interessengegensatzes.

Nächst Großbritannien hängt keine der großen Volks-wirtschaften so sehr vom Seeverkehr ab wie die Deutsche-lands, indem die weltwirtschaftlichen Beziehungen Deutsch-lands sich vorwiegend in der Richtung des See-verkehrs entwickeln.

Hören wir in dieser Hinsicht die Denkschrift des Reichs-marineamtes vom Jahre 1905 über die Entwicklung derdeutschen Seeinteressen im letzten Jahrzehnt.

Die auf dem Boden des heutigen Deutschen Reicheslebende Bevölkerung hat sich seit der Begründung desReichs um die Hälfte (etwa 20 Mill.) vermehrt d. h.um fast ebenso viele Menschen, als zu Anfang des neun-zehnten Jahrhunderts auf demselben Boden überhauptlebten. Unter den europäischen Großstaaten hat Deutsch-land die stärkste Bevölkerungszunahme. Zum ersten Maleseit Gründung des Reichs hat die Bevölkerung in demJahrfünft 1895/1900 einen Zuwachs durch Einwanderungerfahren. Der deutsche Außenhandel ist in dem Jahrzehntvon 1894 bis 1904 von 7,3 auf 12,2 Milliarden Mark (um66 v. H.) angewachsen, und zwar stieg der Seehandel von4,9 auf 8,5 Milliarden Mark (um 75 v. H.), dagegender Landhandel nur von 2,5 auf 3,7 Milliarden Mark(um 48 v. H.). An dem Wachsen des Seehandels ist amstärksten der Handel mit den außereuropäischen Ländernbeteiligt, der um 1,9 Milliarden Mark (um 93 v. H.) ge-stiegen ist.

An der Entwicklung des Seehandels sind alle Zweigeder heimischen Gütererzeugung interessiert. Die Landwirt-schaft ist an der Ausfuhr zur See mit einer Anzahl ihrerProdukte, namentlich Zucker, in hohem Grade beteiligt.Sie bedarf der überseeischen Zufuhr von Düngemitteln,Abfällen und Mais. Noch viel erheblicher ist das Interesseder Industrie am Seehandel und am Seeverkehr. Es gibtkeine große deutsche Industrie, die nicht für die Einfuhrvon Rohstoffen oder die Ausfuhr von Fabrikaten auf

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