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England und Deutschland / von Prof. Dr. v. Schulze-Gaevernitz
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Weltherrschaft errungen; wird er es ohne Schwertstreichniederlegen, wenn er sieht, daß es im Frieden seinenHänden allmählich, aber sicher entgleitet? Nicht tadelnwollen wir den britischen Vetter ob seiner Mannhaftigkeit;aber wir haben Anlaß, ihr Beachtung zu schenken.

In der Tat, wir haben ihr Beachtung zu schenken:denn Hand in Hand mit den angeführten Äußerungen, diesich leicht vermehren ließen, ging die Zusammenfassungder englischen Schlachtflotte im Kanal und in der Nord-see Hand in Hand hiermit die französisch-britische Ver-ständigung, welche dem verbleichenden RevanchegedankenFrankreichs rote Wangen anhauchte. Zunehmender An-hängerschaft erfreuen sich in England die Bestrebungenfür Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, durch welcheEngland den Wert seiner Freundschaft für Frankreich ver-doppeln würde.

Zweifelsohne türmen sich an dieser Stelle des politischenHimmels dunkle Wolken, welche die Zukunft Neudeutsch-lands bedrohen. Um so düsterer blickt der Horizont, alsdie britische Staatskunst es stets verstanden hat, Bundes-genossen für sich in das Feuer zu schicken. Diese Ge-fahren liegen in der Natur der Verhältnisse kein BismarckHütte uns vor ihnen schützen können.

Glücklicherweise hält für den Fall des stets unge-wissen Kriegsspiels Deutschland gewisse Trümpfe in seinerHand, die den ernst prüfenden Engländer immerhin be-denklich machen können.

Bekanntlich ist der Rhein Deutschlands wichtigste Ver-kehrsader. Nicht viel weniger als ein Drittel des gesamtendeutschen Seeverkehrs geht über die Rheinhäfen. Deutsch-land wäre yicht zum Frieden zu zwingen, solange derdeutsche Handel unter neutraler Flagge unbehindert überdie Rheinmündung ginge. England müßte, um Deutsch-land zu treffen, entschlossen sein, die Neutralität der Nieder-lande , diese seine eigenste Schöpfung, zu verletzen undRotterdam , ähnlich wie im südafrikanischen Kriege dieDelagobai, zu blockieren. Vielleicht würde England damit