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England und Deutschland / von Prof. Dr. v. Schulze-Gaevernitz
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stellen. Derselbe Etat nahm ferner eine Schuldentilgungin Höhe von 15 Millionen Lstr. in Aussicht. Im Jahre1906 wurden tatsächlich 18 Millionen Lstr. getilgt. AufGrund regelmäßiger Tilgung wird der englische Staat,wenn nicht unvorhergesehene Zwischenfälle eintreten, am31. März 1909 die Nationalschuld auf denjenigen Betragzurückgeführt haben, den sie im Jahre 1889 einnahm,d. h. auf 697 Millionen Lstr., nachdem sie durch densüdafrikanischen Krieg 1903 auf etwa 771 Millionen Lstr.angewachsen war.

Demgegenüber beruht das finanzielle Elend Deutsch-lands auf mangelhafter Erschließung vorhandener Steuer-quellen eine Folge unfertiger konstitutioneller Zu-stände. Wie dereinst im England der Stuarts, so feilschenin Deutschland Krone und Parlament um die Steuern.In England ist dieser Kampf formell zugunsten des Parla-ments entschieden, ohne daß der persönliche Einfluß desMonarchen die Persönlichkeit vorausgesetzt dabeiNot gelitten hat. Welchen Einfluß auf die Geschicke seinesVolkes übt nicht hinter den wechselnden Ministeriendas stille und zähe Wirken des parlamentarischen Königs!In England ruht die Steuerverweigerung als ein ver-staubtes Rüstzeug in der Waffenkammer derGemeinen",während in Deutschland gerade die ergiebigsten Steuernparlamentarisch am schwersten durchzusetzen sind.

Nach A. Wagner kamen 1904/05 auf Tabak pro Kopfder Bevölkerung in Großbritannien 6,5 Mk. Steuern,d. h. fast sechsmal soviel wie bei uns, an Branntwein (nachAbzug der Zuschüsse an die Lokalverwaltung) 10,5 Mk.pro Kopf oder mehr als viermal soviel wie bei uns, anBier über 6 Mk. pro Kopf, fast achtmal soviel als inNorddeutschland. Die alkoholischen Getränke und Tabakbrachten dem britischen Staatssäckel im genannten Jahreauf den Kopf der Bevölkerung 24,2 Mk. gegen nur4,8 Mk. pro Kopf in Deutschland . Das Gesamterträgnisdieser drei Steuern belief sich 1904/05 auf nahezu 1000Millionen Mk. Auf Branntwein, Bier und

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