Tabak ruht steuerlich die britische Seemachtund das britische Weltreich. Diese Besteuerunggilt als Selbstverständlichkeit, nicht nur aus politischen,sondern auch aus hygienischen und moralischen Gründen.Keine Regierung, weder eine konservative, noch eineliberale, noch eine arbeiterparteiliche wird an ihr rütteln.In Deutschland wird nicht weniger geraucht und getrunkenals jenseits des Kanals, aber Branntwein, Tabak undBier brachten 1903/04 hier nur 253 Millionen Mk. Daßdie geringeren Wohlstandsverhältnisse Deutschlands hierfürnicht in Betracht kommen, beweisen folgende Tatsachen:Frankreich ist, alles in allem genommen, heute nicht mehrreicher als Deutschland , und doch brachten Getränke undTabak nach dem französischen Etat von 1905 fast 16 Mk.pro Kopf, mehr als das Dreifache wie bei uns. Der öster-reichische Konsument ist ärmer als der deutsche , und dochliefern die Getränke und der Tabak in Österreich immernoch mehr als das Doppelte wie in Deutschland .
Deutschlands Finanzmisere ruht also nicht aufmangelnder Steuerfähigkeit, sondern auf mangelnderSteuerwilligkeit. Das deutsche Volk wird es lernenmüssen, sich selbst zu besteuern, wenn anders es seineLand- und Seerüstung als Lebensinteresse erfaßt und auseigenem Entschlüsse auf sich nimmt. Tatsächlich hat dasdeutsche Volk sich auf diesen Weg bereits festgelegt: eineschwache Flotte ist schlechter als gar keine, hinaus-geworfenes Geld — heute schon Hunderte von Millionen.
Zur Verbreitung dieser Einsicht kann die Regierungdurch freiheitliche Politik im Innern viel beitragen. Wiesagt doch Friedrich List? „Unter allen Gewerbszweigenerfordert die Schiffahrt am meisten Energie, persön-lichen Mut, Unternehmungsgeist und Ausdauer — Eigen-schaften, die offenbar nur in der Luft der Freiheitgedeihen."
Jene Einsicht wird in den breiten Massen um so früherzum Durchbruch kommen, je eher die besitzenden Klassenmit gutem Beispiel vorangehen, deren Reichtum heute mehr
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