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Umschwung in der englischen Presse.
Zunächst war die Haltung der englischen Presse ruhig und den Oesterreichernfreundlich, da man den Mord verurteilte. Allmählich aber wurden immer mehrStimmen laut, welche betonten, dass, so sehr eine Ahndung des Verbrechens nötigsei, eine Ausbeutung desselben zu politischen Zwecken nicht zu rechtfertigen wäre.Oesterreich wurde eindringlich zur Mässigung aufgefordert.
Das Ultimatum und die britische Flotte.
Als das Ultimatum erschien, waren alle Organe, mit Ausnahme des stets not-leidenden und von den Oesterreichern anscheinend bezahlten „Standard“ einig inder Verurteilung. Die ganze Welt, ausser in Berlin und Wien , begriff, dass es denKrieg und zwar den Weltkrieg bedeutete. Die britische Flotte, welche zufällig zueiner Flottenschau versammelt war, wurde nicht demobilisiert.
Greys Vermittlungsvorschlag.
Ich drängte zunächst auf eine möglichst entgegenkommende Antwort Serbiens ,da die Haltung der russischen Regierung keinen Zweifel mehr an den Ernst derLage Hess.
Die serbische Antwort entsprach den britischen Bemühungen, denn tatsächlichhatte Herr Paschitsch alles angenommen, bis auf zwei Punkte, über die er sichbereit erklärte zu unterhandeln. Wollten Russland und England den Krieg, um unszu überfallen, so genügte ein Wink nach Belgrad , und die unerhörte Note bliebunbeantwortet.
Sir Ed. Grey ging die serbische Antwort mit mir durch und wies auf die ent-gegenkommende Haltung der Regierung in Belgrad . Wir berieten dann seinen Ver-mittlungsvorschlag, der eine beiden Teilen annehmbare Auslegung dieser beidenPunkte vereinbaren sollte. Unter seinem Vorsitz wären Herr Cambon, MarquisImperioli und ich zusammengetreten, und es wäre leicht gewesen, eine annehmbareForm für die strittigen Punkte zu finden, die im wesentlichen die Mitwirkung derk. u. k. Beamten bei den Untersuchungen in Belgrad betrafen, ln einer oder zweiSitzungen war alles bei gutem Willen zu erledigen, und schon die blosse Annahmedes britischen Vorschlages hätte eine Entspannung bewirkt und unsere Beziehungenzu England weiter verbessert. Ich befürwortete ihn daher dringend, da sonst derWeltkrieg bevorstehe, bei dem wir alles zu verlieren und nichts zu gewinnenhätten. Umsonst! Es sei gegen die Würde Oesterreichs , auch wollten wir uns indie serbische Sache nicht mischen, wir überliessen sie unserm Bundesgenossen.Ich solle auf „Lokalisierung des Konfliktes“ hinwirken.
Es hätte natürlich nur eines Winkes von Berlin bedurft, um den Grafen Berch-told zu bestimmen, sich mit einem diplomatischen Erfolg zu begnügen und sichbei der serbischen Antwort zu beruhigen. Dieser Wink ist aber nicht ergangen.Im Gegenteil, es wurde zum Kriege gedrängt. Es wäre ein so schöner Erfolg ge-wesen.
Warum brach der Weltkrieg aus ?
Nach unserer Ablehnung bat Sir Edward uns, mit einem Vorschlag hervorzu-treten. Wir bestanden auf dem Kriege. Ich konnte keine andere Antwort erhalten,als dass es ein kolossales „Entgegenkommen“ Oesterreichs sei, keine Gebietser-werbungen zu beabsichtigen.