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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
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Resultat der Straßlmrgcr Ansprüche.

Schöpslin, Oberlin, Lichtenberger und Schaabbehaupten, mit voller Gewißheit schließen, daßjenePresse" eine Buchdruckerpresse, und jeneStücke" bewegliche Buchstaben gewesen seien:so ist es doch mehr als wahrscheinlich, daß jeneZeugenaussagen aus die ersten Anfange einesDruckapparates mit beweglichen und zwar gegos-senen Lettern hindeuten.

Schon die Idee, statt des in der ersten Hälftedes fünfzehnten Jahrhunderts bei den sogenanntenBriefvrnckern" üblichen Reibers eine Presse sürden Tafeldrnck anzuwenden und diesem selbst durchein so wesentliches Hülssmittel eine größere Aus-dehnung zu geben, gehört dein ErfindnngsgeisteGntenberg'S an, und ist als der erste Schritt zurAusbildung des BücherdruckenS zu betrachten. Allefrüheren xylographischen Werke sind nicht opisto-graphisch, das heißtnicht anf der Rückseite"bedruckt, was bei dem Gebrauche deö Reibersunmöglich war. Je zwei Blatter sind immer mitihrer weiß gelassenen Rückseite aneinander geklebt.Die Presse allein machte möglich, daß man denPapierbogeu mit einem Male auf beiden Seitenzu gleicher Zeit zu drucken im Stande war.

Zum größten Bedauern der Wissenschaft sinddie über den Proceß gepflogenen Gerichtsverhand-lungen so unvollkommen, daß die Kritik es mehrvcrmnthen kann, als es mit Bestimmtheit anszn-sprechen wagen darf, Gutenberg habe schon zuStraßburg mit beweglichen, wenn gleich auch nurhölzernen und bleiernen Buchstaben gedruckt. DieUrsache jeuer Dunkelheit liegt darin, daß die Zeugenentweder selbst nicht wußten, welche Bewaudtuifi esmit Gutcnberg'S typographischen Versuchen hatte,oder sowol dnrch ein Gelübde, als durch ihr eigenesInteresse znr Geheimhaltung sich aufgesordert fühlten.Zndem legten die Richter bei dem UrlhcilsPruche aufdie technische Natur des Geschäftes keinen Werth.Indessen kann jedoch auch nur leidenschaftliche Be-fangenheit in Parteiansichten so weit gehen, in jenenVerhandlungen nicht einmal eine Spnr von Büchcr-druck überhaupt erkennen zu wollen.

Der neueste sonst so gründliche Forscher in derGesckichte der Erfindung I. Wetter vermochte beiallem Scharfblick seines Geistes nicht, die Fesseln

eines zu weit gctriebeuen provinziellen Patriotismusabzustreifen nnd die Verhältnisse seines LandSmannesGutenberg ohne Vorurtheil ins Auge zu fassen.Nichts desto weniger aber hat er auch zur Bekräf-tigung seiner Meinung wichtige Gründe angeführt.Diese mit den AuSsprüchen eines Schöpflin, Lichten-berger nnd Schaab gewissenhaft abzuwägen, schienheilige Pflicht. Ohne die Aechtheit der Verhör-actcn, wie Dibdin in seinemL!oI!oxi^I>icaI vs-osmoron", I>on<Ion 1817. 8., Vol. 1. I>. 328. uud inseiner Llliliog, !l^>ll!c!tl, anticjiiai-ilm !»ul I>!oture8hv.<z?»nr in 1>'i!nil)L -nid (Zei-MlUi)'", I^oixlvn 1821. 8.,

Vol. III. 53. gethan hat, nur im geringsten inZweifel ziehen zu wollen, können wir nach sorg-fältiger Prüfung der Quellen nicht umhin, bis aufeinen gewissen Punkt den Ansichten Wetter'S beizu-stimmen , welcher den Folgerungen Schöpslin's undder übrigen Vertheidiger der Strafiburger Ansprücheaus wirkliche Anwendung beweglicher Typen einigeBedenken entgegen stellt.

Erstens nennen alle Zeugen die unter der Pressebefindlichen Gegenstände mirStücke", nicht aberBlattseiten" oderKolumnen". Jener Ausdruckbedeutet schon an und für sich etwas Ganzes und istmit dem jetzt noch üblichen WorteStock" ver-wandt, worunter man eine mit Arabesken oderanderen bildlichen Darstcllnngen versehene Metall-platte, deren sich die Buchbinder zur Verzierung derBücherdcckcn bedienen, sowie einzelne zum Abdruckebestimmte Hvlztafeln verstehet.

Zweitens befahl Gutenberg nur, die vier Stückeaus der Presse zu nehmen und auseinander zu legen;von einem nochmaligen Zerlegen dieser Stücke inkleinere Theile sagte er kein Wort. Da man aberans den glaubwürdigsten Zeugnissen eines TheodorBibliandcr, Angelns Rocha, Heinrich Spiegel,Siegmund von Birken, Joh. Friedr. Faust vonAschassenburg nnd Paulus Pater aus Danzig weiß,daß anfangs die einzelnen Buchstaben oben durch-bohrt uud entweder durch einen Bindfaden oder Drahtzusammengehalten wurden: so konnten, wenn manalso die zwei Schrauben an der Presse aufdrehte,immer nur die vier ganzen Stücke auscinaudcr-fallcn und Guteuberg hätte, wenn die sogenanntenFormen" aus beweglichen Lettern zusammengesetzt