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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Petcr Schö'ftcr von Gernsheim .

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Vergleiche mit Fust's und Schöffer's Psalter nochunvollkommenen Erstlingswerke liegt der für dieGeschichte der Fortschritte der Typographie nichtuninteressante Beweis, daß Gutenberg , nachdem erselbst bis zu dein Gedanken, Lettern zu gießen, ge-langt war, noch viele und große Hindernisse zuüberwinden hatte, daß in der Ausführung diesesVorsatzes und in Erforschimg der zweckmäßigstenMittel dazu erst die Hauptschwicrigkeit lag, daß esüberhaupt unzähliger höchst kostbarer und mühe-voller Versuche bedürfte, von den gegossenen zuden geschlagenen, von den bleiernen zu den kupfer-nen Matrizen, sowie von den hölzernen Buchstabeu-stempeln zu stählernen Patrizcn zu gelangen undferner das geeignete Metallgemisch sür den Lettern-guß und endlich diejenige Einrichtung der Gießformzu finden, welche einer Schrift von der kleinstenDimension das genaueste Gleichmaaß verschafft.Kann es daher befremden, wenn der Erfinder einenZeitraum von zehn Jahren, ungefähr von 1440 bis1450, zu Versuchen und Vorbereitungen aller Artnöthig hatte, um endlich den Zielpunkt seinesStrcbcns zu erreichen und die große Idee, welchegleich einem leitenden Sterne sein ganzes Leben hin-durch vor seiner Seele stand, ins Werk zu setzen,mit eiuem Worte, um sich zur Unternehmung eincSBibeldrnckes geschickt zn machen? Hatte er damitgleichwol die letzte Stufe der Vervollkommnung desLetterngusfes noch nicht erstiegen, so war doch dererste entscheidende Schritt gethan nnd der Weg dahingebahnt. Einem Anderen war es vorbehalten, dieseHöhe zu erklimmen. Dieser Mann, welcher daSErfinder-Triumvirat vollständig machte, war

Peter Schvffer von Gernsheim ,der Verbesserer der Buchdruckerkunst.

Die neucrfundene Kunst hatte in dem kurzenZeitraume von etwa fünfzehn Jahren Nicsensort-schritte gemacht. Die Schriftgießerei war erfun-den; man hatte also die Mittel in Händen, jedeshandschriftliche Werk nach freier Willkür zu ver-vielfältigen, allein die aus gegosseneu Mutterfor-mcn hcrvorgegangcnen Typen fielen häufig ungleichund stumpf aus. Da nämlich die Matrize durch

den oft wiederholten Einguß deS glühenden Bleiesnicht selten selbst zu schinelzeu begann nnd sich nachund nach mit einem kleinen Schlackenansatz füllte,kamen nur die zuerst gegossenen Lettern scharf undgleichförmig ans der Mutterform hervor, währenddie zuletzt gegossenen wegen ihrer rohen Stumpfheitdie feineren Punkte, Striche, Kanten nnd Formennicht genau wiederzugeben im Stande waren. Diesist die Ursache, warum die ErstlingSdrncke, welcheaus der Gutenberg-Fust'schcn Osficin hervorgingen,an Ebenmaß, Schönheit nnd Eleganz den spaterenErzeuguisseu der Mainzer Presse nachstehen. DenUebelstand fühlend sannen Gutenberg und Fustunermüdct auf neue Mittel der Vervollkommnung.Sie fingen in ihrer Verbesserung mit dem Schnitteoder der ganzen Form der Buchstaben an und kamennatürlich auf die Nothwendigkeit, einen.geschicktenSchreiber sowol zur Anscrtiguug der Patrizcn, alsauch zur Verzierung der gedruckten Bücher durchbunte, oft vergoldete Anfangsbuchstaben, durchNandgcmälde und durch Nubricirung im Allge-meinen für ihr Geschäft zu gewinnen. Da führteder Zufall einen tüchtigen Schönschreibcr, in derKunst desJltuminirens" undNubricireus "sehr erfahren, der lange im Auslande, znmal inParis gelebt hatte, in seine Heimath zurück undzwar in das HauS und in den Dienst des reichenJohann Fust. Es war Peter Schöffer , der sichmanchmal auch Schoyfser und Schoiffer schrieb,von Andern aber öfters Schoffer, Scheffer, Schä-fer, lateinisch Opüio, zuweilen auch Petrus (Zerns-I>eimens!s (von seiner Vaterstadt) genannt wurde.In dem ehemals kurmainzischen jetzt großhcrzoglichhessischen Landstädtchcn Gernsheim aus dem rechtenUfer des Rheines zwischen 1420 bis 1430 geboren,hatte er sich schon frühzeitig durch eine schöneHandschrift und das Talent, Bücher mit Gemälden,Initialen und Schreibcrzügen zu verzieren, aus-gezeichnet. Ueber seine Eltern und Jugendverhält-nisse ist nichts Zuverlässiges auf uns gekommen,weil bei der Verheerung der Pfalz im Jahre 1689durch die Franzosen seine Vaterstadt nnd mit ihrdie alten Kirchenbücher ein Raub der Flammengeworden sind. Aus einem in der Stadtbibliothekzu Straßburg aufbewahrten, von ihm geschriebenen