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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
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Pctrr Schofler von Gernsheim .

und mit großen schonen Initialen, die mit denjeni-gen des Psalters von 1457 viele Aehnlichkeit haben,verzierten Mannscriptc, welches von Paris aus1449 datirt ist, lernen wir, daß er sich in seinerJngend wahrscheinlich humanistischen Studien, jasogar eine Zeit lang auch der Jurisprudenz ge-widmet und spater sein eutschiedeues Talent fürKalligraphie zu seinem Fortkommen benutzt habe.Er scheint iu den Jahren 1450 oder 1451 nachMainz zurückgekehrt und von Fnst alsFamulus"in den Dienst genommen worden zu sein; denn nochwahrend der Vereinigung Gutenberg'S mit Fust zurBetreibung eines gemeinschaftlichen Drnckgeschasteslebte er in dem Hanse des Letzteren, nm, wie sichvermuthen laßt, die abzudruckenden Manuscripteins Reine zu schreiben, die gedruckten Bücher mitzierlichen Anfangsbuchstaben zu schmücken und denFormenschneidern die Stempel zn den Initialen undVersalbuchstaben vorzuzeichucn, wol gar um selbstTypen in Holz oder Stahl zu schneide»; denn ge-rade seine Geschicklichteit im Schönschreiben magdie Ursache gewesen sein, daß man ihn, den Fremd-ling, in daS Geheimniß zog.

Schöffer'S Scharfblick übersah gar bald sowoldie Vortheile als die Mangel des bis jetzt beobachte-ten Verfahrens. Als Schönschreiber gewohnt, nurschöne gleichförmige Buchstaben mit seiner Feder zubilden, konnten ihm die steisen, plumpcu und un-vollkommenen Buchstaben von Gutenberg'S Druck-schrift, welche das Auge verletzten und das Lesenerschwerten, unmöglich gefallen. Es waren dieS diedamals gothischen und halbgothischen Buchstaben,welche Schöffer durch gefälligere Formen zu ersetzensich bemühte. Um zu diesem Ziele zu gelangen, be-dürfte eS einer zweckmäßigeren Mischung der zumGuß auzuweudenden Metalle, einer härteren Compo-sition der Matrize, stählerner Stempel nnd gehörigerAdjnstirnng der darin verkehrt eingestochenen Buch-staben. Seinem Scharfsinne gelang cS endlich, dasMittel aufzufinden, welches noch jetzt als daS besteund allein ausreichende bei der Schriftgießerei seineAnwendung findet. Statt nämlich die Matrizen, wiees früher geschah, zu gießen, schlug er sie mittelsteines Stahlstempels, Pnnze genannt, woraus derauszudrückende Buchstabe erhaben geschnitten war,

in dünne Kupfer- oder Mcssmgplattchen. Durch die-ses ebeuso leichte als sinnreiche Verfahren erzielte ernicht nur einen schnelleren Guß, sondern auch völligeGleichheit, Scharfe und Schönheit der Buchstaben.

In, welchem Jahre Schöffer diese für die Ver-vollkommnung der Buchdruckcrkunst höchst wichtigeErfindung gemacht, welches Buch zuerst mit solchennach der ueueu Methode gegossenen Lettern gedrucktwordeu, laßt sich ebenso wenig mit Gewißheit an-geben, als behauptet werden kann, der geschickteSchönschreiber sei durch Siegelabdrücke uud durchdas Schlagen der Münzen mittelst der Münzstem-pel, denn letztere wurden damals noch nicht durchDruckwerke, ein Versahren, welches erst im Jahre1617 dnrch Briot erfnnden worden ist, geprägt,sondern wie im Alterthume mittelst des Hammersund eines Stempels geschlagen, auf diese Jd»'e hin-geleitet worden. Dem sei wie ihm wolle. So vielist gewiß, daß schon die Lukanier in Großgriechen-land bei den Münzen neben den vertieft geschnitte-nen auch erhaben geschnittener Stempel sich bedien-ten. Ihre ältesten Münzen, wie diejenigen vonMetapont nnd Kroton, zeigen auf der einen Seiteein erhabenes, auf der andern aber ein vertieftesund zwar ganz verschiedenes Gepräge. So habendie Müuzeu von Metapont ans der einen Seite eineerhabene Aehre, auf der andern einen vertieftenStierkopf, uud die von Kroton einen erhabenenDreifuß nebst einem vertieft eingeschlagenen Adler.Bei den Bracteaten des Mittclalters wurde Bilduud Schrift auf einem Stahlstempel geschnitten uuddieser iu Silbcrplattchcn eingeschlagen, welche dem-nach eigentliche Matrizen waren, aus denen manMüuzen mit erhabener Schrift und Pcrsonendar-siellung hatte gießen können. Demzufolge entbehrtjene Voraussetzung nicht aller Wahrscheinlichkeit.

Noch aber hatte die Druckerschwarze, die nuraus Lampenrnß mit Wasser und Leim zubereitetwar, weder Glauz, noch Kraft, noch Haltbarkeit,wurde durch jede Feuchtigkeit aufgelöset und fielmit der Zeit ab. Schöffer's erfinderischer Geist,dem man auch die schönen und feinen in Holz ge-schnittenen Initial- und Versalbuchstaben verdankt,die wir im Psalter von 1457 bewundern, wußtedurch einen Znsatz von Oel auch diesen Mangeln