Jahren aber ist viel von diesem Verdacht in die allgemeine Anschauungder Gebildeten übergegangen. Man hat aus Quinet's oben ange-führtem Briefe sehen können, wie die stärksten Anklagen gegen denteutonischen Hochmuth seitdem als selbstverständlich aufzutreten wagenkonnten, und im Gespräche über politische Materien muß der Deutschejetzt gewärtig sein, in den Worten oder wenigstens in den Mienenfeingebildeter Franzosen zu erkennen, daß sie ihm zutrauen, er sehemit einer Art stillen Mitleids von oben auf sie herab. Wir waren
so sehr gewöhnt, bei dem Verkehr mit der französchen Gesellschaft,das Bewußtsein gerade des umgekehrten Verhältnisses in uns zu tra-gen, daß in der Wahrnehmung, dem Verdacht der Unbescheidenheit undUngerechtigkeit verfallen zu sein, ein geheimer Kitzel liegt. Es beschleichtuns dabei Etwas wie Gefühl der Wiedervergeltung für lang erlittene Un-bill, verbunden mit dem Eindruck, daß jedenfalls Viel auf unsererSeite geschehen sein mußte, bis wir dahin gelangen konnten, in der
chung durchschnittlich für sie untrennbar seien, daß sie sich im Allgemeinen nurachten, nach Maßgabe der Ueberlegenheit, die sie sich über uns zutrauen. — —
„Die Deutschen sind weit entfernt, sich eine hohe Vorstellung von unserem Geistezu machen. Im Gegensatz zu ihrer Tüchtigkeit und Tiefe, sind Oberflächlichkeit undUnwissenheit die Worte mit denen sie uns charakterisiern und besten Falls räumensie uns ein gewisses Verständniß für die Dinge des alltäglichen Lebens ein. Daswird von Allen als eine ausgemachte Sache betrachtet; es wird als über allemZweifel erhaben angesehen, gilt aber doch als patriotische Pflicht, dies bei jederGelegenheit zu konstatiren und mit allen Mitteln immer noch mehr das nationaleBewußtsein damit zu durchsetzen."