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rief er in öffentlicher Sitzung den Abgeordneten in's Gesicht: „Wennwir für nothwendig halten, Krieg zu führen, fo werden wir ihn füh-ren, mit oder ohne Ihre Einwilligung." Als der Präsident einesTages dem Kriegsminister bei einem ^parlamentarischen Ausfall dasWort entziehen wollte, erwiderte dieser, daß der Präsident nicht dasRecht habe, ihn zu unterbrechen, daß ein Minister der Disciplin desHauses nicht unterworfen fei und über der Controls des Präsidentenstehe. Es entstand daraus ein langer Streit, welcher mit einer Ver-letzung des constitutionellen Princips endigte; der König sandte derKammer eine Botschaft ohne jede ministerielle Gegenzeichnung. Gleich-zeitig wurden die Kammern entlassen (27. Mai 1863). Einige Tagenachher erschienen die Preßverordnungen. Gegen die Journale wurdedas offenbar dem Ausland entlehnte System der Verwarnungen undConfiscationen in Anwendung gebracht; auf alle Beamten wurde ohneHehl ein rücksichtsloser Druck ausgeübt. Wer den Muth hatte, sichnicht zu beugen, wurde bis aufs Aeußerste verfolgt, gemaßregelt, inirgend einen entlegenen Winkel der Provinz versetzt. Von allen Sei-ten erhob sich der Schrei der Entrüstung so laut, daß selbst derKron-prinz sich der allgemeinen Aufregung nicht entziehen konnte. In eineröffentlichen Versammlung zu Danzig erklärte er, daß die Preßver-ordnungen ohne sein Vorwissen erlassen worden und daß er sie miß-billige. Er schrieb sogar dem König, seinem Vater, um gegen einRegiment zu protestiren, welches, wie er sagte, seine Rechte auf dieKrone gefährde. Sein Bries hatte den Erfolg, daß er einige Zeitvom Hose fern gehalten wurde. Endlich wurde das Maaß voll durchdas famose Urtheil des Berliner Obertribunals, dessen eigenthümlicheund zweckdienliche Zusammensetzung an jene Gerichtshöfe erinnernkonnte, die man unter Jakob II. „paelrecl snr^" nannte. Die inerster und zweiter Instanz erlassenen Freisprechungen der Abgeord-neten, welche man wegen einiger in der Kamnier gegen die Minister