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daß sich Oesterreich in jener Zeit bereits in einem vertraulichen Rund-schreiben (16. März 1866) an seine getreuesten Anhänger gewandthatte, um sie zu Rüstungen aufzufordern, aber wir brauchen wohlnicht hinzuzufügen, daß eine solche Vorsicht mehr als je damals an-gezeigt war. Das Bündniß zwischen Preußen und Italien , dessenSpuren bis zum Jahre 1863 hinaufreichen, war so weit gediehen,daß drei Wochen nach dem oben erwähnten preußischen Rundschreiben,der förmliche Vertrag zwischen Viktor Emanuel und König Wilhelmin Berlin unterzeichnet werden konnte (8. April). Oesterreich seufzteschon lange bei der Erinnerung an den ungeheuren Fehler, den esbegangen hatte, indem es sich von seinen alten Genossen trennenließ. Es hatte schließlich reumüthig Buße gethan, um wieder imSchooße des Bundestags zu Gnaden aufgenommen zu werden.Schon Anfang des Jahres 1865 hatte Herr von Schmerling,der österreichische Staatsminister, in aller Form eingestanden, daß sichdie österreichische Politik in der Schleswig-Holstein 'schen Frage voll-ständig verfahren habe. Indem es ihm nunmehr paßte, das Prinzip derSelbstbestimmung an Stelle des rohen Eroberungsrechtes zu setzen, beriefOesterreich die Stände der Herzogthümer, um sich mit ihnen über ihreWünsche zu berathen; zu gleicher Zeit erschien es im Büßergewandevor dem Bundestage, und legte der so lange verläugneten Bundes-Kompetenz das Entscheidungsrecht über diese unsterbliche Streitfragezu Füßen. Das war am 1. Juni 1866.
So war es dahin gekommen, daß Preußen und der Bundestagsich unmittelbar als Feinde einander gegenüber standen. Auf Oester-reichs Vorschlag beschloß der Bundestag, als Demonstration gegenPreußens Drohungen, die Mobilmachung dreier Armeekorps, und die-ser Beschluß ward für Preußen das seit Jahren ersehnte Signal,den Bundesvertrag als durch den Bundestag selbst gebrochen zuerklären (14. Juni).