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theils irre zu führen, berechnet sind. Wenn er sich verstellt, so über-treibt er dermaßen, daß er die Wirkung verfehlt; und man kannsagen, daß er seine Gegner öfter durch die Wahrheit als durch Vor-spiegelungen getäuscht hat. Ist es ihm gelungen, irgend Jemandenhinter's Licht zu führen durch jene diplomatischen Rundschreiben vomApril und Mai 1866, in welchen er über die kriegerischen Vorberei-tungen des streitsüchtigen Oesterreich wehklagte, das um jeden Preisüber das harmlose Preußen herfallen wolle? oder damals, als er vorden Kammern versicherte, daß er, wenn auch ohne Budget wirth-schaftend, innerhalb der Verfassung zu bleiben glaube (er, der späterdie Indemnität verlangte)? Er läugnet vielleicht ohne viel Bedenken, aberauch ohne viel Kunst. Hinter seinem polternden Auftreten blickt hie undda der lächelnde Schalk hervor. Einem Gegner gegenüber kann erherausfordernd, boshaft, sogar bösartig sein, aber er ist nicht falsch;er kann Moral und Gerechtigkeit verletzen, aber nicht durch pathetischeGeberden den guten Geschmack. Er gehört nicht zu dem Geschlechtder Proklamationsschreiber, die da glauben, daß man die Welt mitschönklingenden Phrasen leite oder daß man allgemeiner MißständeHerr wird, indem man sie in prunkvolle Gemeinplätze einwickelt. Ergehört im Gegentheil zu Denen, die ein Vergnügen darin finden, dieKontraste im Ausdruck zu verschärfen, und dadurch über das Ziel hin-auszuschießen. Was zwang ihn in jener Ausschuß-Sitzung sich zu demGrundsatz von Blut und Eisen zu bekennen? Diejenigen welche sichwirklich von solchen Grundsätzen innerlich leiten lassen, sind nicht die,welche sich damit brüsten, sondern vielmehr die, denen der Mundüberfließt von Milde und Menschenliebe.
Sein launiges Sichgehenlassen erstreckt sich bis auf den man-gelhaften Zustand seines Huts und seiner Halsbinde. Etwas in ihmerinnert an den im deutschen Studenten verkörperten Typus mitseinem aus Trutzigkeit und Gemüth zusammengesetzten, anmaßenden,