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Die wirthschaftliche Krisis / von Wilhelm Oechelhaeuser
Entstehung
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sondere denen, welche entweder nur eine ganz fictive Grundlage derRentabilität hatten, folglich aussichtslos dastehen, oder leichtsinnigerWeise ihre Capitalien nur nach den zur ersten Constituirung erfor-derlichen Mitteln bemessen hatten, und sich jetzt vergeblich bemühen,durch Prioritäten oder Banquiercredite diesen Mangel an Betriebs-,häufig auch an Anlagecapital, zu ergänzen. Andere Gesellschaften,namentlich Banken, setzen ihr Capital auf, oder selbst unter die be-reits geleisteten Einzahlungen herab, und befreien so die Aktionärevon Verpflichtungen, deren Erfüllung sie ruiniren würden. Noch an-dere schreiten auf gleicher Basis zu Fusionen. Sodann folgt diegrosse Zahl älterer, in Aktiengesellschaften umgewandelter Geschäfte,zu denen, trotz alles Leichtsinns, der in der Zeit lag, doch vielfachGeschäfte von gutem Ruf, von Ansehen in der Geschäftswelt, vonmindestens normaler Prosperität gewählt worden waren. Der Schadenaber, die Geschäfte doppelt zu hoch bezahlt und die Aktien vielleichtnoch mit-Agio erworben zu haben, ist wenigstens überall übersehbargeworden.

Und überdies wolle man sich durchaus nicht der Ansicht über-lassen, als ob ansnahmslos Gewissenlosigkeit oder Leichtsinn beiden neuen Gründungen das Ruder geführt hätte. Wie schon obenerwähnt, trugen die ersten Gründungen, namentlich des Jahres 1871,durchschnittlich noch einen weit solideren Character; die Geschäftegingen zu angemessenen Werthen, in vielen Fällen ohne Gründer-gewinn oder Coursaufschläge, an die Gesellschaften über, und manchesolide Gesellschaft, die jetzt unter dem allgemeinen Misstrauen unge-recht mitleidet, wird sich als ein dauernd gesundes Glied des volks-wirthschaftlichen Organismus erweisen. Erst gegen Ende der auf-steigenden Periode, namentlich im Jahr 1873, riss die Ausartungimmer mehr ein, und es ist ein Segen, dass endlich die Aufnahme-fähigkeit der Börsen sich erschöpfte, die Speculation in dem Anlaufzu stärkeren Realisationen umschlug, sonst hätten noch zahllose Miss-geburten des Actienschwindels das Licht der Welt erblickt. Alleinauch in der Periode 1872/73 sind viele solide, zum Theil auf keinemCourszettel figurirende Gesellschaften entstanden. Es ist endlichnicht zu übersehen, wie die Willigkeit des Geldmarkts in jenenJahren auch benutzt worden ist, manche gemeinnützige Unternehmungins Lehen zu rufen, deren Vortheile vielleicht weniger den Actionären,als der Gesammtheit zu Gute kommen, und die indirect zur Entfesse-lung der Produciivkräfte beitragen werden.

Das Jahr 1876 wird vermuthlich die Ultimoregulirung des Läu-