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Die wirthschaftliche Krisis / von Wilhelm Oechelhaeuser
Entstehung
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fürchten und wollen wir hoffen, dass die olympische Ruhe der letz-ten Thronrede nicht erschüttert werden möge. Im Uebrigen sinddie äusseren Verhältnisse, in der Aussicht auf ungestörte Fortdauerdes Friedens, nach wie vor dem Heilungsprozess günstig. Wie em-pfindlich aber solche äusseren politischen Störungen einwirken könn-ten, das lassen die tiefgehenden, bis weit in den Arbeitsmarkteindringenden Erschütterungen durchfühlen, welche vor einiger Zeitder vielbesprochene unvorsichtige Artikel eines offiziösen Berli-ner Blattes, über Trübung unsrer Beziehungen zu Frankreich , nachsich zog.

Nunmehr zur Besprechung der, während der Krise durchgeführ-ten wirtschaftlichen Reformen übergehend, tritt uns zuerst in demmit dem 1. Januar 1875 im Wesentlichen durchgeführten Ueber-gang zur reinen Goldwährung, ein erfreuliches Ereigniss ent-gegen. Dem Experiment einer Doppelwährung sind wir (vomUebergangs-Stadium abgesehen) glücklich ausgewichen, und habenzugleich Frankreich in die Lage versetzt, mit Aufhebung des Bank-noten-Zwangskursus, die Doppelwährung ebenfalls beseitigen zumüssen. Ein Fehler nur war es, von dem, ehe ein Decenniumvergeht, kein Mensch in Deutschland begreifen wird, wie er über-haupt begangen werden konnte, dass wir nämlich ein eigenes Münz-system gewählt, dass wir, in deutsch -patriotischem Uebergefühl (denneinen andern Erklärungsgrund giebt es kaum), die nimmer wieder-kehrende kostbare Gelegenheit versäumt haben, mit dem Anschlussan das schon von sieben Staaten adoptirte Frankensystem, zur Münz-einheit in Europa, vielleicht in der ganzen Welt, zu gelangen.

Wie sich hieran leider nichts mehr ändern lässt, so ist auchdie neue Regulirung des Banknotenwesens, durch das Reichsgesetzvom 14. März 1875, ein fait accompli, bei w T elchem sich übrigensdie Kritik etwas länger aufhalten muss. Das Gesetz ist der Aus-druck einer, wenn auch nicht klar erkannten, so doch instinktivenReaktion des Volksbewusstseins, gegen die übertriebene Banknoten-wirthschaft der Preussischen Bank , wie der Kleinstaaten. Der Drang,einmal nach Einschränkung, zum andern nach möglichster Centra-lisirung der Notenausgabe, hat das Gesetz entstehen lassen, das imUebrigen den Stempel einer, üi der Eile, aus unzähligen Compromissenentstandenen Uebergangsmaassregel, in keinem Paragraphen verläug-net, somit auch die Lösung der eigentlichen Prinzipienfragen voll-ständig der Zukunft anheim giebt, nicht einmal ihrer richtigen Lö-sung näher führt. Die Fundamentalfrage von der absoluten Nütz-